Rezension

Ermittlungsmethode "Gedankenfühligkeit"

Der namenlose Tag - Friedrich Ani

Der namenlose Tag
von Friedrich Ani

Bewertet mit 3 Sternen

Inhaltsangabe:

Vor 18 Jahren hielt Kriminalhauptkommissar Jakob Franck eine von Trauer überwältigte Mutter sieben Stunden lang stumm in seinen Armen, nachdem er ihr die Nachricht über den Tod ihrer Tochter überbrachte.

Als Franck gerade mal zwei Monate pensioniert ist, kontaktiert ihn Ludwig Winther, der Vater des toten Mädchens. Dieser glaubt noch immer nicht, dass die polizeilichen Ermittlungen eindeutig auf eine Selbsttötung durch Erhängen hinweisen, sondern er ist überzeugt, dass seine Tochter ermordet worden sei.

Jakob Franck ist von dem Gespräch tief berührt. Mit Hilfe seiner ureigenen Methode der „Gedankenfühligkeit“ nimmt er die längst abgeschlossenen Ermittlungen des Falles in Eigenregie wieder auf, um die genauen Umstände, die zum Tode des jungen Mädchens führten, aufzuklären.

Das Cover und der Titel:

Das schwarz weiße Cover erscheint anmutig und edel. Ich vermute dass das Bild des Covers Rauch darstellen soll, der durch eine Luftbewegung sanft verwirbelt wird. Da der Herr Ex-Kommissar mit dem Vater eines toten Mädchens in einem Gespräch raucht, kann ich hier so den Zusammenhang zur Handlung herstellen. Der Titel „Der namenlose Tag“ ist die Bezeichnung für einen Tag, an dem ein Mensch gestorben ist, denn dieser Tag soll aus allen Gedanken und Kalendern gestrichen sein.

Autoreninfos:

Friedrich Ani, geboren 1959, lebt in München. Er schreibt Romane, Gedichte, Jugendbücher, Hörspiele und Drehbücher. Sein Werk wurde mehrfach übersetzt und vielfach prämiert, u.a. mit dem Deutschen Krimipreis, dem Adolf-Grimme-Preis und dem Bayerischen Fernsehpreis. Seine Romane um den Vermisstenfahnder Tabor Süden machten ihn zu einem der bekanntesten deutschsprachigen Kriminalschriftsteller.

Reflektionen:

Diesen außergewöhnlich leisen Schreibstil musste ich mit äußerster Genauigkeit erlesen, sonst hätte ich den Sinn der Geschichte niemals erfassen können.

Zitat Seite 141:

„Mitten im allgemeinen Aufbruchstrubel eines Freitags hatte die Frau ihre Richtung verloren; nun wartete sie – wie ein vergessener Koffer auf einem stillstehenden, aus dem Räderwerk gesprungenen Rollband, weit nach Mitternacht – auf jemanden, der das Licht wieder einschaltete; sie wartete auf einen Mechaniker, der ihr Gefüge reparierte oder ihr zumindest erklärte, wie es so weit hatte kommen können.“

 

Friedrich Ani erzaubert mit seinen Worten tiefgründige Emotionen aller Figuren hervor, die die Ermittlungsmethode „Gedankenfühligkeit“ des Kommissar Franck erst möglich machen.

Eine durchaus neue und interessante Thematik, doch diese sprachliche Reise, um den Figuren die Emotionen zu entlocken, um das Ungesagte und das Unterlassene der Figuren zu bewerten, erfolgte ausschließlich melancholisch, leider sehr langsam und ohne jedes Tempo.

Auch wenn der Plot eine anmutige Tiefe beherbergt, die ich gewöhnlich sehr mag, war ich leider nicht gefesselt, denn die Langatmigkeit fraß mein Lesevergnügen fast vollständig auf.  Spannungshöhepunkte konnte ich bei dieser gedämpften Grundspannung nicht empfinden.

Die Handlung ist voller Dialoge und gedanklichen Monologen, die alle in einem ähnlichen Sprachton geschrieben sind. Es gibt kaum ein rechts oder links, ein hoch oder runter. Ich empfand nur einen farblosen und zu monotonen Stil.

Die Figuren sind schon sehr fein ausgearbeitet und die Charaktereigenschaften sind liebevoll bis engstirnig interessant kreiert und trotzdem konnte keine Figur meine Sympathien gewinnen. Dieser Kriminalroman ist ein unblutiges Schauspiel, das sich hauptsächlich auf Emotionen und Gedankenreichtum stützt.

Meine Erwartungen an diesen Roman waren sehr hoch angesetzt. Ich erwartete ein literarisches Highlight und einen äußerst spannenden Roman. Literarisch bin ich durchaus hier und dort begeistert worden, doch die fesselnde Spannung blieb bedauerlicherweise aus, da mich die Stille des Romans nicht mitreißen konnte.

Mein Fazit:

Meine Empfehlung geht an diejenigen, die einer leisen Geschichte lauschen möchten und einen literarisch hochwertigen Schreibstil wertschätzen.