Rezension

Es ist nie zu spät, seinem Leben eine neue Richtung zu geben

Morgen kommt ein neuer Himmel
von Lori Nelson Spielman

Schon letzten Sommer wurde ich auf den Roman Morgen kommt ein neuer Himmel aufmerksam, als eine Freundin das Buch am See einfach nicht weglegen konnte. Es war einer dieser Tage, die man nur im oder in der Nähe vom Wasser aushalten konnte. Zu dieser Zeit erstürmte das Buch alle Bestsellerlisten und Leserherzen, aber worum es eigentlich ging, wusste ich nicht. Ein halbes Jahr später, kurz vor Weihnachten, fiel es mir dann erneut in die Hände und ich war genau in der Stimmung für etwas Trauriges, wenngleich Hoffnungsvolles. Bis ich es endlich las, verstrichen zwar wieder ein paar Monate – doch dann kam es genau zur richtigen Zeit.

Ein paar Worte zum Inhalt

Mit 14 Jahren schreibt Brett eine Liste mit Lebenszielen, doch erfüllt keines davon. Zwanzig Jahre später taucht die Liste bei der Testamentsverlesung ihrer Mutter wieder auf. Denn die hat sich etwas ganz Besonderes für ihre Tochter ausgedacht: das Erbe gibt es erst, wenn Brett ihr Leben in die Hand nimmt und ihre Träume verwirklicht.

Über die Liebe, die uns nie verlässt

Der Roman ging mir sehr nah. Brett passiert gleich zu Beginn das Schlimmste, was man sich vorstellen kann: ihre Mutter stirbt. Das stürzt sie in tiefe Verzweiflung und die Situation spitzt sich immer weiter zu, bis sich alle Bereiche ihres Lebens in Baustellen verwandelt haben. Denn laut ihrer Mutter hat sie sich noch nicht in den Richtigen verliebt und hat nicht den richtigen Job ergriffen. Ganz zu schweigen davon, dass die Ziele einer 14-Jährigen mitunter nicht mehr die einer 34-Jährigen sind. Aber Brett kommt nicht an der Sache mit dem Hund, dem Pferd, ihrer ehemaligen besten Freundin Carrie und den anderen Wünschen vorbei, denn nur mit deren Erfüllung bekommt sie die letzten Briefe und Gedanken ihrer Mutter überreicht.

Morgen kommt ein neuer Himmel zeigt ganz wundervoll, dass manchmal alles erst gehörig schief laufen muss, bevor es wieder gut, sogar besser werden kann. Dass aus Umbrüchen Möglichkeiten und Chancen entwachsen, auch wenn Veränderung zunächst Angst macht. Bretts Leben bekommt eine vollkommen neue Wendung durch den letzten Willen ihrer Mutter. In meinen Augen zeigt das Buch, dass es nie zu spät ist, seine Träume zu erfüllen und dass man manchmal inne halten sollte, um sich überhaupt zu fragen, was man vom Leben möchte. Es ist kein Geheimnis, dass wir manchmal zu lange an dem Schlechten, den Lasten, den Verpflichtungen oder dem vermeintlich Richtigem festhalten und dabei uns selbst aus den Augen verlieren.

Ich konnte Bretts Entscheidungen, Motive und Ängste sehr gut nachvollziehen. Sie ist eine Hauptfigur mit großem Identifikationspotenzial und definitiv Sympathieträgerin. Beim Lesen will man geradezu, dass sich alles in ihrem Leben zum Guten wendet, aber den Glauben daran verliert man nicht. Die Nebencharaktere sind mir nach und nach sympathischer geworden, sogar einige, von denen ich es nicht erwartet hätte. Diesbezüglich fand ich das Zusammenspiel aus positiven und negativen Eigenschaften toll – was jeden Menschen nun mal ausmacht. Andere Charaktere wiederum haben den Oh-man-Nerv getroffen und waren wirklich furchtbar! Eben solche, die man am besten aus dem Leben verbannt.

Vom Schreibstil her lässt sich die Geschichte leicht und flüssig lesen. Besonders die Dialoge haben mir gefallen. Die Kapitel bestehen alle aus mehreren Szenen, die nicht zu lang sind, sodass man schnell in das „Oh, nur eine Seite? Die lese ich jetzt noch“-Prinzip rutscht, was mir gut gefallen hat. Die Seiten fliegen nur so dahin. Lori Nelson Spielman hat insgesamt einen einfachen, schönen Stil, besonders haben mir die Briefe gefallen, damit hat sie mich zu Tränen gerührt. Außerdem wird die Bedeutung hinter der Phrase „Morgen kommt ein neuer Himmel“ schnell erklärt, was mich sehr gefreut (und zum Heulen gebracht) hat.

Nun kann man sich darüber streiten, ob das nicht alles zu vorhersehbar war. Ob man das nicht schon kennt oder schon mal gelesen hat. Ob es nicht desillusioniert – nein, ich finde nicht. Im Grunde geht es um die besondere Beziehung von Mutter und Tochter, Chancen, Träume, Veränderungen. Einige kritisieren die Realitätsferne. Ich denke, die Grundaussage, Vertrauen zu haben, den Glauben, das alles gut wird, ist wichtig und wird gut vermittelt. Lori Nelson Spielman hat das Rad gewiss nicht neu erfunden. Wenn mich etwas gestört hat, dann nur, dass einige Szenen zu konstruiert wirkten.

Doch so ganz verliert man nie das Gefühl, dass Bretts Mutter viele Dinge für ihre Tochter inszeniert hat. Die einzelnen Handlungsstränge verweben sich immer mehr miteinander, eines führt zum anderen und schlussendlich zeigt sich, dass Vieles im Leben eine Verbindung hat. Ein Stein kommt ins Rollen, es ergibt sich das eine, dann das andere, du lernst den kennen, das führt dazu und daraus entwickelt sich… Hat was Wahres, oder? In diesem Sinne – und auch weil mir das vermehrt in den letzten Jahren aufgefallen ist – ist das Buch ein schönes Plädoyer an die Zufälle im Leben, das Schicksal. Komprimiert auf die Zeitspanne von einem Jahr, in dem der Leser Brett durch verschiedene Stationen begleitet.

Mein Fazit

Morgen kommt ein neuer Himmel hat mich gut unterhalten, mich zu Tränen gerührt und zeigt, dass es nie zu spät ist, seinem Leben eine andere Richtung zu geben.