Rezension

Fantastische und düstere Welten

Der Atem einer anderen Welt - Seanan Mcguire

Der Atem einer anderen Welt
von Seanan McGuire

Bewertet mit 4 Sternen

Als ich zum ersten Mal die Inhaltsangabe zu Der Atem einer anderen Welt las, war ich sofort Feuer und Flamme.

„Kinder und Jugendliche sind zu allen Zeiten in Kaninchenlöcher gefallen, durch alte Kleiderschränke ins Zauberland vorgestoßen oder auf einer Dampflok in magische Welten gereist. Aber … was geschieht eigentlich mit denen, die zurückkommen?“

Schon diese ersten Sätze haben mich angesprochen und ich war sehr neugierig auf die Geschichte. Was ich bekommen habe, war dann aber doch etwas anders als erwartet. Erwartet hatte ich magische Fantasy, aber nicht so düster, wie sich dieses Buch gezeigt hat.

Zur Handlung möchte ich nicht viel sagen. Es geht um genau das, was die zwei Sätze der Inhaltsangabe vermuten lassen. Kinder, die in fremden Welten waren und aus ihnen (unfreiwillig) zurückgekehrt sind. Viele der Kinder wollen nur eins, nämlich wieder zurück, doch wo und wann sich die Türen zu den anderen Welten öffnen, weiß niemand und so finden sich diese Kinder, die sich in der „realen“ Welt nicht mehr zurecht finden, in „Eleanor Wests Haus für Kinder auf Abwegen“ wieder. Eine sehr spannende Ausgangsposition. Autorin Seanan McGuire erzählt von Kindern, die sich fehl am Platz (in der realen Welt) fühlen und die sich deshalb einen Ausweg suchen. Die Sprache, die die Autorin dafür nutzt, ist sehr oft wunderschön, gar poetisch. „Ihre Haare waren knochenweiß, mit schwarzen Schlieren durchzogen, wie von auf Marmorboden vergossenem Öl, und ihre Augen waren fahl wie Eis." (Zitat Seite 14). Umso verwunderter war ich, dass der Stil nicht beibehalten wird und ich deshalb auch Sätze wie „Ihre Arbeiten würden sie nie zur Stardesignerin eines modebewussten Vampirhofs machen“ (Zitat Seite 256) stieß. Für mich passen diese Sätze nicht zusammen. Da ich erst während des Lesens feststellte, dass Der Atem einer anderen Welt kein fortlaufender Roman ist, sondern aus Kurgeschichten besteht, kam mir die Vermutung, dass die Autorin die Geschichten womöglich mit einigem Abstand zueinander geschrieben hat und sich deshalb der Stil ein wenig ändert.

Auch merkwürdig finde ich die Reihenfolge der Geschichten. Ich verstehe nicht, wieso die Geschichte um Jack und Jill (die übrigens zu viel Zeit mit einer Vorgeschichte verplempert) an die zweite Stelle gesetzt wurde, obwohl das Ende der Geschichte in der ersten Geschichte erzählt wird. Das hat mich sehr gestört - so wusste ich bereits am Anfang der zweiten Geschichte, wie sie ausgeht. Vielleicht ist es ja auch so angedacht, dass man Der Atem einer anderen Welt nicht linear liest. Allerdings gehöre ich eben zu den Lesern, die das Buch vorne beginnen und ohne hin und her zu springen bis zum Ende lesen.

Trotz einiger negativer Aspekte ist Der Atem einer anderen Welt ein wunderbares Buch, das durch seine poetische Sprache beeindruckt. Vereinzelt tauchen in den Geschichten schwarz-weiß Illustrationen auf, die das Geschriebene (und teilweise das Düstere) untermalen und mir sehr gefallen. Blutig/gruselig wird es mitunter auch, weshalb ich das Buch keinen Kindern empfehlen würde.