Rezension

Friedas Lebensträume

Die Villa an der Elbchaussee - Lena Johannson

Die Villa an der Elbchaussee
von Lena Johannson

Bewertet mit 5 Sternen

1919 Hamburg. Die 17-jährige Frieda Hannemann lebt mit ihrer wohlbetuchten Familie in der Hansestadt, wo diese das Handelskontor Hannemann & Tietz für Kakao führt. Der Erste Weltkrieg ist gerade erst beendet, und Deutschland leidet noch immer unter den Folgen, es gibt kaum etwas zu kaufen und die politische Lage ist noch immer nicht stabil, das bekommt auch das Kontor Hannemann zu spüren. Friedas Bruder Hans hat den Krieg zwar überlebt, ist aber nicht mehr er selbst, so dass es fraglich ist, ob er jemals das Kontor übernehmen kann. Frieda dagegen würde liebend gern das elterliche Unternehmen übernehmen und hat schon einige Ideen, den Betrieb voran zu bringen und auszubauen. Allerdings denken ihre Eltern eher daran, sie reich zu verheiraten, damit die finanzielle Lage des Kontors gesichert ist. Doch Frieda steht nicht der Sinn nach Ehe und Kindern mit einem Mann, den sie nicht liebt, sondern eher nach Unternehmergeist und Erfüllung ihrer Träume…

Lena Johannson hat mit ihrem Buch „Die Villa an der Elbchaussee“ einen wunderbaren und gefühlvollen historischen Grundstein für eine Buchreihe um eine Schokoladen-Dynastie vorgelegt, der den Leser neugierig zurück und auf die weiteren Bände hoffen lässt. Der Schreibstil ist flüssig, bildreich und gefühlvoll, der Leser wird regelrecht in die Seiten hineingesaugt und kann sich von dem Buch nur sehr schwer lösen. Sehr gekonnt werden die einzelnen Charaktere von der Autorin vorgestellt und in Beziehung miteinander gesetzt, was dem Leser erst einmal einiges an Aufmerksamkeit abverlangt, aber lohnenswert ist. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten um die historische Hamburger Speicherstadt sind sehr detailliert, so dass sich der Leser während der Lektüre alles wunderbar vorstellen kann, sofern er Hamburg noch nicht kennt, andernfalls fühlt er sich wie auf einem Stadtrundgang um ein Jahrhundert zurückversetzt. Auch die damaligen gesellschaftlichen Strukturen sowie die Rolle der Frau werden thematisiert und geben dem Leser einen Einblick, wie sehr das Leben der Frauen von jeher durch die Eltern vorbestimmt war und sie meist keine Möglichkeit hatten, deren Wünschen zu entkommen.

Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet, ihnen wurde regelrecht Leben eingehaucht. Sie alle besitzen Ecken und Kanten und wirken aufgrund deren Individualität sehr authentisch und lebendig. Der Leser kann seine Sympathien gleichmäßig verteilen und mit ihnen fiebern, denn die Emotionen kommen hier ebenfalls nicht zu kurz. Frieda jedoch überstrahlt alle, sie ist zwar noch eine sehr junge Frau, doch sie besticht durch ihre Liebe zum Familienbetrieb und ihren Ideenreichtum. Sie wirkt ausgesprochen kraftvoll und strahlt eine Stärke aus, die man bei einer so jungen Frau nicht vermutet. Frieda möchte sich ihre Träume erfüllen und scheut nicht davor zurück, sich nicht nur dem elterlichen Willen zu widersetzen, sondern auch der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Sie ist willensstark und eine Kämpferin, was bei ihrem Vorhaben unbedingt erforderlich ist. Aber auch sie muss einiges an Schicksalsschlägen ertragen, wobei man als Leser hofft, dass ihr Optimismus dabei nicht auf der Strecke bleibt.

„Die Villa an der Elbchaussee“ ist ein wirklich gelungener Auftaktroman, der sowohl eine interessante Familiengeschichte in sich birgt als auch den Kampf einer jungen Frau für die Erfüllung ihrer Träume. Eine wunderbare Lektüre, dessen Fortsetzung hoffentlich nicht so lange auf sich warten lässt. Absolut verdiente Leseempfehlung!