Rezension

Frischer Wind für Meierhofen

Kräuter der Provinz - Petra Durst-Benning

Kräuter der Provinz
von Petra Durst-Benning

Bewertet mit 4 Sternen

Meierhofen, ein Dorf im schwäbischen Allgäu, leidet - wie viele andere Dörfer - unter der Landflucht. Die jungen Leute ziehen in die Stadt, weil sie auf dem Dorf keine Arbeit finden. Obwohl Meierhofen wunderbar idyllisch an einem See liegt, scheint es auch nach außen hin keinerlei Attraktivität und Anziehungskraft zu besitzen, denn die Gästebetten im Gasthof "Goldene Rose" wurden schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt.

Therese, Bürgermeisterin von Meierhofen und Besitzerin der "Goldenen Rose" ist an Krebs erkrankt und bevor sie ins Krankenhaus geht, möchte sie gerne ihr Meierhofen in guten Händen wissen. Als sie abends über die TV-Kanäle zappt, glaubt sie bei einer Preisverleihung eine Frau zu erkennen. Tatsächlich ... ihre Cousine Greta, die sie seit Jahren nicht mehr gesehen hat, ist eine erfolgreiche Werbemanagerin geworden. 

Mit einer nicht so ganz der Wahrheit entsprechenden Aussage, lockt Therese ihre Cousine Greta nach Meierhofen. Diese soll - während Therese selbst im Krankenhaus ist - mit einer großangelegten Werbekampagne frischen Wind ins Dorf bringen. 

Gretas Aufenthalt in Meierhofen bringt nicht nur für das Dorf Veränderungen mit sich. 

Mit "Kräuter der Provinz" hat Petra Durst-Benning den Sektor der historischen Romane verlassen und etwas zeitgenössisches geschrieben. Ihrem Stil, über starke Frauen zu schreiben, ist sie aber auch hier nicht untreu geworden. In Meierhofen herrscht überwiegend Frauenpower. 

Therese ist zwar die Initiatorin für die Umkrempelung Meierhofens, aber durch ihre Krankheit und den Krankenhausaufenthalt, tritt sie schon bald ein wenig in den Hintergrund. Der Focus liegt auf ihrer Cousine Greta.

Greta arbeitet für die Frankfurter Werbeagentur Fischli & Partner und steht gerade am Rande zu einem Burnout. Sie ist ausgebrannt, fertig, ideenlos und wenn sie ehrlich zu sich selbst ist, kommt ihr die Einladung nach Meierhofen gerade recht. Sie genießt die Tage, liebt das morgendliche Frühstück, so ganz ohne Zeitdruck, aber bezüglich der von ihr geforderten Werbekampagne, die frischen Wind nach Maierhofen bringen soll, bleibt ihr Hirn leer. 

Die zündende Idee kommt ihr in Verbindung mit den regionalen Produkten, die liebevoll von einigen Frauen hergestellt werden. Nachdem auf der Bürgerversammlung alle Meierhofener in das vorgestellte Projekt eingewilligt haben, entsteht etwas ganz wunderbares, bei dem alle Dorfbewohner Hand in Hand arbeiten. Einige Einwohner besitzen Fähigkeiten, die ihnen niemand zugetraut hätte und viele wachsen in der Gemeinschaft über sich hinaus. Einzig Christines Ehemann wird von der Euphorie nicht mitgerissen und strebt in eine andere Richtung. 

In Meierhofen wird gehämmert, gebohrt, geschraubt und neben der neuen Präsenz entsteht auch die eine oder andere Liebschaft. 

Im richtigen Leben würde so ein Dorf-Gemeinschaftsprojekt ganz sicher die ein oder andere Streiterei hervorrufen. Nicht so in Meierhofen. 

Den Schreibstil von Petra Durst-Benning mag ich sehr, auch ihre Art über starke Frauen zu schreiben. Hier wird dem Leser vermittelt, dass vieles möglich ist, wenn man es nur möchte und - ganz wichtig - auch in Angriff nimmt. Alle Charaktere im Buch machen eine realistische Entwicklung durch und auch die Schauplätze werden so beschrieben, dass man das kleine verschlafene Örtchen Meierhofen vor dem inneren Auge sehen kann. 

"Kräuter der Provinz" ist ein schönes, und kurzweiliges Buch, mit dem man wunderbar ein paar Stunden dem Alltag entfliehen kann. Im Anhang des Buches finden sich ein paar Rezepte, mit denen man sich auch noch nach Beendigung der Lektüre genüsslich nach Meierhofen zurückversetzen kann.