Rezension

Geschichte trifft auf Kriminalistik

Engel des Todes -

Engel des Todes
von Thomas Ziebula

Engel des Todes ein historischer Kriminalroman und 3. Band der Paul Stainer-Reihe von Thomas Ziebula (Wunderlich)

„Etwa eine Dienstreise nach Dresden?“ Valerie biss sich auf die Unterlippe.

Er schüttelte den Kopf und faltete die Briefbögen zusammen.

„Sag, dass du nicht fortmusst!“ Beinahe flehend schaute sie zu ihm auf.

„Schlimmer.“

„Randalieren etwa die Arbeiter wieder?“

„Noch schlimmer.“ Er atmete tief.

„Was denn?!“ Sie zerrte an seinem Arm. „Nun sag doch endlich, Gustl!“

„Bürgerkrieg.“

S.24

Thomas Ziebula lässt seinen Protagonisten 1920 in Leipzig zur Zeit des Kapp-Putsches agieren. Bürgerkriegsähnliche Zustände und Auseinandersetzungen an der Streikfront lassen Vergangenes in Stainers Erinnerungen aufflammen. Ein Mörder nutzt die Gelegenheit und lässt sich zu einer Serie grausamster Morde hinreißen. Er hat eine Liste erstellt und arbeitet diese gnadenlos ab. Die Spurensuche für Kriminalinspektor Paul Stainer und seine Mitarbeiter ist erschwert und sie ermitteln unter schwierigsten Bedingungen. Dank der historischen Straßenkarte von Leipzig 1920 im Inneneinband kann man die Aktivitäten verfolgen und gut einordnen.

Im dritten Band der historischen Reihe treffen wir auf altbekannte Figuren, Paul, Junghans, Vera Sonntag, Josephine und Mona König. Schnell ist man wieder ein Teil diese kleinen Gemeinschaft. Mit Blick auf dieses persönliche Milieu laufen die Ermittlungen nach dem Täter, der hintergründige Einblicke in seine Motive und Vorgehensweise zulässt. Unter den Einfluss historischer Aspekte liest man eine spannende und höchst interessant konstruierte Geschichte.

Der Einstieg in den neuen Stainer gestaltet sich höchst politisch. Doch sollte man sich davon nicht abschrecken lassen. Ich habe denn Anlass genutzt und weitere Informationen zu den historischen Gegebenheiten eingeholt. Thomas Ziebulas Romane sind immer ein Ausflug in die Geschichte und man kann einiges Wissenswertes dazulernen. An den fünftägigen Ausnahmezustand des Putschversuchs im März 1920 lehnt der Autor seine Kriminalgeschichte an. Dies gestaltet er mit Hilfe weiterer gekonnt stilistisch korrekter Mittel äußerst abwechslungsreich und spannungsreich. Besonders hat mir das Gedicht von Rainer Maria Rilke am Anfang gefallen. Auch weiß der Leser immer, in wessen Gedankengängen er sich beim Lesen gerade befindet. Mich hat der wunderbare Schreibstil von Thomas Ziebula wieder einmal beeindruckt, wobei ich mich in der ganzen Geschichte sehr gut zurechtgefunden habe. Ein fulminanter, rasanter Showdown in dem alle Fäden schlüssig zusammenlaufen, krönen das Ende dieser Erzählung, doch hoffentlich nicht das Ende dieser Reihe.

Mir hat das Lesen viele spannungsgeladene und aufschlussreiche Stunden beschert. Ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen mit Paul Stainer und Co. Ich empfehle zum Verständnis diese Reichenfolge: „Der rote Judas“, „Abels Auferstehung“, „Engel des Todes“.