Rezension

Großartig recherchiert und mit Herzblut erzählt

Die Frauen vom Inselsalon -

Die Frauen vom Inselsalon
von Sylvia Lott

Bewertet mit 4 Sternen

 Zur Sommerfrische und Bäderkur auf die Insel Norderney ist in der höheren Gesellschaft Anfang des 20. Jahrhundert angesagt. Davon profitieren auch die Inselbewohner, teils ehemalige Fischer. Der gesellschaftliche Wandel jener Zeit wird in dieser  hervorragend recherchierten Erzählung sehr gut wiedergespiegelt.

Während Frieda, eine robuste Insulanerin,  der kränklichen Grete, Tochter eines Berliner Unternehmers, hilft sich trotz ihrer Ängste wohl zu fühlen beginnt eine tiefgehende Freundschaft zwischen den etwa gleichaltrigen Mädchen. Über mehrere Jahre hinweg lässt mich die Autorin teilhaben am familiären Geschehen um die Frauen sowie dem allgemeinen Lebensstil auf Norderney.

Zudem tauche ich ein in das Flair der Insel mit ihren Gerüchen und landschaftlichen Reizen. Ich  bin fasziniert von Gesprächen und Methoden im Friseursalon und fühle mich durch den zeitgemäßen Schreibstil, die lebendigen und teils im Dialekt verfassten Dialoge mitten im Geschehen. Das Zeitgeschehen jener Tage stehen ebenso im Vordergrund wie der gesellschaftliche Wandel. Die allumfassenden Änderungen der Mode, die fortschreitende Modernisierung und politische Strömungen fließen in die Erzählung ein.

Träume von der großen Liebe, von unerreichbar scheinenden Zielen und überraschende Wendungen des Schicksals darf ich mit Frieda und den vielen unterschiedlichen Charakteren miterleben. Gespannt verfolge ich wie Greta sich Fragen stellt und schließlich ihre eigenen Wünsche erfüllt.

Die authentisch anmutende Geschichte fängt das Flair dieser Tage bestens ein. Ich sehe die Badekarren, höre das Klappern und Wellenrauschen, leide mit Grete und hoffe mit Frieda auf die perfekte Lösung ihres Dilemmas. Besonders interessant finde ich die detaillierten Schilderungen des facettenreichen Friseurhandwerks.  Die tiefgründige Erzählung wirkt durch die gewissenhafte Recherche wie selbst erlebt. Manchmal verliere ich den Faden um die starken Frauen etwas durch die zeitgeschichtlichen Ereignisse, aber die Autorin fängt mich durch ihre überzeugende Art immer wieder ein.

 Ich freue mich sehr auf ein Wiedersehen mit den Insulanern. Der erste Teil der Saga endet im Jahre 1914 zu Kriegsbeginn. Ich empfehle diesen historisch fundierten Roman um fiktive Personen sehr gerne.