Rezension

Gut gemachter zweiter Band, der durchaus schockieren kann

Vollendet - Der Aufstand - Neal Shusterman

Vollendet - Der Aufstand
von Neal Shusterman

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich den ersten Band "Vollendet" gelesen habe, von daher hatte ich ein paar Bedenken, ob ich der Geschichte noch gut folgen kann oder ob ich den ersten Band vielleicht doch noch einmal lesen muss, ehe ich mich an den zweiten Band heranwage. Zum Glück waren meine Bedenken jedoch vollkommen grundlos, denn ich war von Anfang an wieder mitten im Geschehen und somit konnte ich mich voll und ganz auf den zweiten Band der "Vollendet"-Reihe einlassen.

Neal Shusterman konnte mich auch dieses Mal wieder mit seinem Schreibstil begeistern. Die Geschichte wird sehr eindringlich und schonungslos erzählt, es kommt oftmals zu recht brutalen Szenen, die jedoch so gut ausgearbeitet sind, dass man sie sich wie einen Film vorstellen konnte. Auch die Dialoge bringen stellenweise eine gewisse Härte mit sich, die jedoch immer in die jeweilige Situation gepasst hat. Die Figuren haben sich enorm weiterentwickelt und ich konnte mich zum Teil noch besser in sie hineinversetzen, als es schon beim ersten Band der Fall war. Gleichzeitig werden neue Figuren glaubwürdig eingeführt, ohne dabei wie Fremdkörper zu wirken. Man kann dem Autor für so viel Feingefühl nur beglückwünschen.

Connor, Lev und Risa spielen weiterhin eine sehr wichtige Rolle, auch wenn sie dieses Mal eher andere Aufgaben übernehmen. So gilt Connor offiziell als tot, führt jedoch ein Camp an, während Risa im Rollstuhl sitzt. Beide halten nach wie vor zusammen, geraten jedoch auch immer wieder etwas aneinander, da sie andere Ansichten haben und Risa das Gefühl hat, dass sie keine große Hilfe mehr sei. Auch Lev hat weiterhin sein ganz eigenes Päckchen zu tragen, sodass alle drei auf gewisse Art und Weise nach wie vor mit Problemen kämpfen müssen, die man in diesem Alter eigentlich nicht haben sollte. Hinzu kommen mit Miracolina, Starkey und Cam weitere Figuren ins Spiel, die ich sehr interessant, aber nicht immer sympathisch fand. Dies ist jedoch auch gar nicht weiter schlimm, denn bei einer derartigen Thematik kann man gar nicht jede Figur gleichermaßen mögen. Es ist interessant, wie jeder mit dem Thema "Umwandlung" umgeht, was er, bzw. sie in diesem Fall schon erleben musste und was man bereit ist zu tun, um diese zu umgehen.

So sehr ich den zweiten Band auch mochte, so sehe ich hierbei ein Problem, dass ich beim ersten Band noch nicht hatte: Der ganz große Überraschungseffekt ist einfach weg. Ich war zwar auch bei diesem Band oftmals schockiert und habe große Augen gemacht, allerdings konnte man sich dieses Mal schon ausmalen, was einem hier erwarten könnte. Ich möchte jetzt nicht sagen, dass die Geschichte vorhersehbar ist, allerdings konnte man sich hier bereits einiges im Vorfeld zusammenreimen. Dies macht die Geschichte allerdings nicht schlechter und man kann dem Autor hierbei auch keine Vorwürfe machen, das Problem ist nur, dass die Geschichte im ersten Band zusätzlich mit neuen, schockierenden Momenten schockieren konnte, die ich aus anderen Büchern bis dato noch nicht kannte.

Das Thema "Umwandlung" wird jedoch auch hier wieder sehr schön thematisiert, auch wenn dies nicht unbedingt mehr das Hauptthema in der Geschichte ist, denn dieses Mal stehen vielmehr die Figuren, ihre Gefühle und ihr Überlebenswille im Vordergrund. Dies war zwar auch schon im ersten Band ein großes Thema, allerdings wird jetzt vielmehr auf Einzelfälle eingegangen, sodass man nicht mehr nur ein großes Ganzes sieht, was der Geschichte mehr als gut tut. Dabei ist auch sehr interessant, welche Pläne die Regierung weiterhin im Schilde führt und was sie alles tun, um ihre Ziel zu erreichen. Nicht selten bekam ich dadurch eine Gänsehaut, wenn ich mir alles bildlich vorgestellt habe, denn der Autor schafft es immer wieder, dass man sich vorstellen kann, dass sowas tatsächlich irgendwann in der heutigen Welt in gewissen Ländern geschehen kann.

Das Cover wirkt auf den ersten Blick recht schlicht, wenn man jedoch erst einmal die vielen Blutflecken und Kratzer entdeckt, merkt man erst, dass es doch ein ziemlicher Hingucker ist und gut zur Geschichte passt. Die Kurzbeschreibung ist ebenfalls gelungen und macht Lust auf mehr.

Obwohl der ganz große Überraschungsmoment für mich am Ende ausblieb, muss man sagen, dass mich Neal Shusterman mit seinem schonungslosen Schreibstil und seinen vielen Ideen wieder einmal begeistern konnte. Wer also schon den ersten Band "Vollendet" mochte, sollte auch unbedingt den zweiten Band lesen. Ich kann diese Dystopie nur empfehlen und freue mich auf den dritten Band!