Rezension

Guter Anfang - Skurrile 2. Hälfte

Dich hab ich nicht kommen sehen -

Dich hab ich nicht kommen sehen
von Nina Resinek

Bewertet mit 3 Sternen

Mari braucht unbedingt einen Neustart, und will den in Berlin versuchen. Hauptsache weg von allem aus ihrer Vergangenheit. Glücklicherweise findet sie auch rasch eine Wohnung, und frei Haus dazu sogar ein paar neue liebe Freunde, die sie herzlich in ihrer Runde aufnehmen. Für meine Begriffe ja ein bisschen zu übertrieben herzlich - in der Realität würde mich das schon ein bisschen misstrauisch machen. Aber das ist hier ja ein Wohlfühlroman, und so hat es mich für Mari gefreut, dass sie da ein paar nette Leute um sich herum hatte. Vor allem, da ihre Tage im Job ziemlich mies waren. (Ich war sehr überrascht, dass sie nicht schon gleich am 3. Tag wieder gekündigt hat.) Und dann wird die Beziehung zu Leo etwas mehr als herzlich, aber auch mehr als kompliziert. 

Die Geschichte startet super, mir waren die Protagonisten schnell sympathisch und entsprechen vor allem auch nicht den typischen Klischees. Gerade Mari bringt ein ganz schönes Packerl mit, von denen verschiedene Aspekte am Anfang angedeutet werden. Die Fehlgeburt, der alte Job, die Beziehung zu den Eltern und insbesondere der Mutter. Gerade bei letzterer Sache habe ich immer noch darauf gewartet, dass dazu noch mal was kommt, eine Art Closure, aber das verläuft im Sande und ist später dann überhaupt nicht mehr relevant. Das allein hätte mich gar nicht soo gestört. Viel mehr fand ich es schade, dass die Geschichte in der 2. Hälfte immer skurrilere Züge annimmt. Spätestens ab dem Kapitel, in dem sich Mari ein Märchen über Alexandra ausdenkt, driftet die Geschichte ganz schön ab, und findet für mich den Weg zurück auch nicht mehr.

Ebenso ungewöhnlich wie die Geschichte an sich, ist auch der Schreibstil. Der sticht definitiv heraus und ist einzigartig. Damit ist er auch ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber man kommt mit ein bisschen Mitdenken schnell rein. Nur wird er dann in der 2. Hälfte - ebenso wie die Geschichte - auch immer merkwürdiger, abgedrehter und auch anstrengender.  

Das Ende war dann wieder ganz ok, doch gab es da immer noch offene Dinge, für die ich mir zumindest eine Art von Klärung gewünscht hätte. Zum Beispiel war Maris Esstörung das ganze Buch über immer wieder ein Thema. Also dass sie eine Störung hat. Warum weshalb wieso wurde nie thematisiert, dazu hat man sich eigene Gedanken machen können. Vor allem aber gab es am Ende eigentlich keine Klärung, ob sie sich nun wenigstens auf einem gesunden Weg befindet.

Somit hat die 2. Hälfte des Buches den sehr guten Eindruck vom Beginn doch wieder erheblich gedrückt, und es blieb für mich am Ende einiges zu unrund. Es war zwar durchaus ein lesenswertes Buch, und definitiv mal was anderes, aber auch kein Highlight.