Rezension

Ich liebe John Green!

Margos Spuren
von John Green

Nachdem ich „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ gelesen hatte, dachte ich, dass es für alle kommenden Bücher sehr schwer werden würde, mich zu begeistern. Obwohl es das ein oder andere Buch gab, das mich fesselte oder sehr berührte, konnte mich keines von ihnen so faszinieren, wie es John Greens Werk tat. Als ich dann vor ein paar Tagen mein Regal nach einer neuen Lektüre durchsuchte, fiel mir „Margos Spuren“ von genau diesem Autor buchstäblich in die Hände. Meine Gedanken kreisten sofort um eine Frage: Schafft er es ein zweites Mal?

Margo Roth Spiegelmann ist für Quentin das größte aber zugleich wundervollste Mysterium in seinem Leben. Obwohl sie Nachbarn sind, haben beide seit Jahren kaum ein Wort miteinander gewechselt. Quentin beobachtet und bewundert sie aus der Ferne, bis Margo eines Nachts an seinem Fenster steht und ihn bittet, sie auf einem Ausflug zu begleiten. Doch dieser Ausflug ist alles andere als romantisch, und Quentin befindet sich inmitten eines Rachefeldzugs gegen Margos Freunde, die von nun an nicht mehr zu ihren Freunden zählen sollen. Für beide wird es eine aufregende Nacht, in der besonders Quentin alle Ängste und Bedenken loslassen kann. Doch der nächste Morgen dämpft seine Euphorie, denn Margo ist verschwunden, aber nicht ohne ihm gezielt ein paar Spuren zu hinterlassen.

John Green erzählt die Geschichte einer Reise zu einer jungen Frau, von der eigentlich niemand weiß, wer sie wirklich ist. Selbst jeder der Menschen, die sie jeden Tag umgaben, haben unterschiedliche Bilder von Margo. Und obwohl sie gezielt Spuren hinterlassen hat, ist es nicht nur für Quentin schwierig, diese zu deuten.

„Je länger ich in meinem Beruf arbeite“, sagte er, „desto mehr habe ich das Gefühl, dass es uns Menschen an Spiegeln fehlt. Anderen fällt es schwer, uns zu zeigen, wie wir aussehen, und uns fällt es schwer, anderen zu zeigen, wie es uns geht.“ Seite 215

Green erzählt aber nicht nur von der Suche nach Margo, sondern auch viel über die Jugend, über Freundschaften, die alles andere als perfekt sind, und von großen Emotionen und Entscheidungen, die im Leben getroffen werden müssen. Auch dass wir oft unbewusst durch viele Ereignisse und Menschen in unserem Leben geprägt werden.

„Irgendwann musst du aufhören, in den Himmel zu starren, sonst schaust du dich eines Tages um und merkst, dass du selber längst davongeschwebt bist“ Seite 165

Bei seiner Suche nach Margo erfahren wir viel über Quentin und teilen dessen Hoffnungen, sie zu finden, oder die Angst, sie nicht zu finden. Wir machen Bekanntschaft mit seiner Überforderung, das Mysterium „Margo“ zu erfassen und freuen uns über jedes neu entdeckte Puzzleteilchen. Aber manchmal teilen wir auch seine Wut, wenn er wieder einmal in einer Sackgasse landet. Und ebenso langsam wie Quentin erkennen wir, dass es nicht nur eine Reise zu Margo ist, sondern auch eine Reise zu sich selbst.
Mit „Margos Spuren“ hat John Green es wieder geschafft, mich komplett zu überzeugen. Er hat einen Stil, den man kein zweites Mal findet, sollte man noch so lange in Büchern danach suchen. Green schafft es, eine alltägliche und aus dem Leben gegriffene Geschichte in etwas ganz Besonderes zu verwandeln. Mit wunderschönen, oft poetischen Sätzen, erschafft er berauschende Geschichten und Charaktere, denen man sich nicht wieder entziehen kann und nach dem letzten Satz betrauert, sie zurücklassen zu müssen.
Es gab in „Margos Spuren“ so viele Passagen, die ich mir kennzeichnen musste, weil ich sie später noch einmal lesen und genießen wollte. Kleine Klebezettel zierten diese Stellen, doch irgendwann waren sie aufgebraucht und ich musste mir Seiten aus einem Notizbuch herausreißen, um die schönen Textstellen wiederzufinden. Am Ende sah mein Buch kunterbunt aus und ein bisschen wild, aber ich denke, genau das möchte John Green: Arbeitet mit meinen Worten und lasst die Zeilen lebendig werden.
Ein sehr schwieriger Moment war, dieses Buch gelesen zurück ins Regal zu stellen. Eigentlich möchte man es immer wieder hervorholen, um darin zu blättern, um mit den Charakteren, die einem sehr ans Herz gewachsen sind, zu lachen oder über seine kleinen Weisheiten über das Leben nachzudenken. So hat er viele Erinnerungen aus meiner Jugend wachgerufen. Ich erinnerte mich, wie es war, sich jung, albern und unsterblich zu fühlen, und mir somit einen großen Hunger auf das Leben beschert. Nachdem man glücklich diese wundervolle Lektüre geschlossen hat, sehnt man sich nach einer weiteren von John Green.