Rezension

Ich träume die Erinnerungen eines anderen

Ich hab dich im Gefühl - Cecelia Ahern

Ich hab dich im Gefühl
von Cecelia Ahern

Bewertet mit 3 Sternen

"Ich habe das Gefühl, als hätte ich etwas weggeben, einen Teil von mir, und dass dieser Teil einen anderen Menschen wieder vollständig gemacht hat."

Zitat, Seite 141

Es ist die Geschichte zweier Menschen, die durch eine Blutspende zueinander finden. Es ist die Geschichte von Joyce und Justin.

Joyce ist unglücklich verheiratet und schwanger. Durch einen Sturz von der Treppe ändert sich ihr Leben schlagartig. Denn sie verliert nicht nur jede Menge Blut sondern auch ihr ungeborenes Kind. Eine Bluttransfusion ermöglicht ihr das Weiterleben. Doch neben dem Kampf mit sich selbst und ihrer Trauer muss sie sich plötzlich mit merkwürdigen Dingen herumschlagen. Denn auf einmal kann sie ihr bisher völlig unbekannte Sprachen fließend sprechen, verspürt einen mächtigen Heißhunger auf Fleisch (obwohl sie eigentlich Vegetarierin ist) und interessiert sich für Architektur und historische Bauwerke. Und als wäre das noch nicht genug, verfügt sie neuerdings über persönliche Erinnerungen an Menschen und Ereignisse, die ihr eigentlich völlig fremd sind.

Justin ist als Gastdozent in Dublin. Nachdem seine erste Ehe gescheitert ist, fühlt er sich einsam und unglücklich. Bei einem seiner Vorträge lernt er eine interessante Frau kennen, die ihn zu einer Blutspende überredet. Um sie zu beeindrucken, spendet er ohne große Überlegungen einen halben Liter Blut. Eine Geste mit Folgen?

Joyce und Justins Wege kreuzen sich von nun an stetig. Obwohl sie sich nie zuvor begegnet sind, verspüren sie plötzlich eine ungeheure Anziehungskraft und Vertrautheit füreinander. Eine Tatsache, die beide nicht ignorieren können.

"Ich halte die große Fernbedienung des Lebens in meiner Hand und bin bereit, ein paar Knöpfe zu drücken, Dad."

Zitat, Seite 118

Der Grundgedanke der Story ist ich nicht schlecht: Die Weitergabe von Emotionen und Fähigkeiten durch eine Blutspende. Die Sicht auf dieses Thema ist zwar umstritten, durchaus aber interessant. In den Medien habe ich schon von ähnlichen Reaktionen bei Organempfängern gehört.

Hier handelt es sich nun um eine Blutspende. Nun ja, man sagt ja, dass bei einer Blutspende, das Blut in weiße und rote Blutkörperchen geteilt wird und durchaus mehrere Empfänger in Frage kommen, die dann einen klitzekleinen Teil deines Blutes empfangen. Ob derartige Reaktionen daher möglich sind, ist fraglich.

Sicherlich sollte man die Thematik bei einem Roman nicht unbedingt hinterfragen. Ahern ist dafür bekannt reale Dinge mit Fiktion zu spicken und sie fantasievoll zu erweitert. Doch die Umsetzung konnte mich bei „Ich hab dich im Gefühl“ leider nicht ganz überzeugen. Ihre Ansätze waren gut, die Gedanken schienen mir jedoch oft nicht wirklich zu Ende gedacht.

Der Leser wird meines Erachtens mit zahlreichen Gedankensprüngen konfrontiert, die mich ihn verärgern und verwirren könnten. Sie gaben dem Roman teilweise etwas unnötig Gehetztes. Es schien, als hätte Ahern es eilig und nur keine Zeit manche Gedanken zu Ende zu denken.

Die Protagonisten sind liebevoll gezeichnet. Joyce und Justin verfügen beide über interessante persönliche Geschichten, die sich irgendwann, wie es der Zufall so will, miteinander verbinden. Wie Puzzleteile, die aneinandergesetzt ein großes Ganzes ergeben. Doch es fehlte dem Roman an Schwung. Dem Schwung, den ich von Aherns Vorgängern kenne und den ich so liebgewonnen habe. Auch wenn das Buch mich schnell in seinen Bann zog, gelang es der Autorin dieses Mal leider nicht, mich in höchstem Maße zu begeistern. Die Geschichte ist dennoch liebevoll und als Lektüre für zwischendurch wunderbar geeignet.

"Die Menschen werden es nie müde, Spiele zu spielen und sich zu verkleiden, ganz egal, wie alt sie sind. Nur unsere Lügen werden immer komplizierter, die Worte, mit denen wir anderen etwas vormachen, geschliffener und gewandter."

Zitat, Seite 58

"Seltsam, wie die Menschen ihr Leben markieren, welche Fixpunkte sie wählen, um zu entscheiden, dass ein bestimmter Moment wichtiger ist, als alle anderen. Denn das Leben besteht doch nur aus Momenten."

Zitat, Seite 92