Rezension

In diesen Apfel hätte ich nicht beißen sollen

Der zweite Schlaf - Robert Harris

Der zweite Schlaf
von Robert Harris

Bewertet mit 2 Sternen

Der junge Priester Fairfax wird vom Bischof von Exeter in ein kleines Dorf gesandt, um den dortigen Pfarrer zu beerdigen. Es hieß, er hatte einen Unfall und sei abgestürzt. Alles sieht nach einem kurzen Aufenthalt in dieser Gegend aus. Es ist das Jahr 1468 im mittelalterlich anmutenden England, die Menschen reiten auf Pferden und Webstühle werden von Wassermühlen angetrieben. Der Klerus regelt das Zusammenleben und es ist bei Strafe verboten, Altertumsforschung zu betreiben. Und doch stößt Fairfax im Pfarrhaus auf Artefakte aus seltsamen Gegenständen und Plastik, die der Verstorbene akribisch gesammelt hat. Sie stammen aus der Zeit vor der großen Apokalypse. Außerdem besaß er wohl verbotene Bücher einer häretischen Gesellschaft.
Das merkwürdige Verhalten der Dorfbewohner und Hinweise bei der Beerdigung lassen Fairfax aufhorchen. Mit seiner entfachten Neugier lässt er sich immer tiefer in den geheimnisvollen Sumpf aus Geheimniskrämerei und Korruption hineinziehen, schließlich bleibt er länger im Dorf als geplant.
So gut, so spannend. Und auch dem Titel vom "zweiten Schlaf" scheint eine Bedeutung zuzukommen. Doch dann verliert sich die Geschichte in die ewig alte Leier von Frau verführt Mann, Mann wird eifersüchtig, Frau wird eifersüchtig, Mann lässt seine Muskeln spielen, andere Frau hat schreckliches Schicksal hinter sich und verliebt sich in attraktiven jungen Priester, Priester fällt vom Glauben ab. Ich kam aus dem Augenrollen nicht mehr heraus.
Die Auflösungen der Rätsel sind vermutlich nochmal durch eine extra schmale Presse gequetscht worden. Mein angebissener Apfel tauchte auf allen glänzenden, flachen, rechteckigen Fundstücken auf (Android gabs wohl vor der Katastrophe nicht mehr - vielleicht ist das der Grund für den Untergang? ) und hat sich denn auch in einem Wandgemälde der Menschheitsgeschichte als das Tier mit der Zahl 666 geoutet, haha.
Das Ende lässt eine Menge Fragen offen. Was war das für ein merkwürdiger Turm? Warum biegt sich Eisen in die Richtung des Sprengstoffs? Warum konnte keiner nachts durchschlafen? Warum können Sterbende plötzlich wieder gehen und was verdammt nochmal sollte das?
Eine tolle Idee, aber ein irrationales Verhalten aller Beteiligten. Harris kann das besser, das weiß ich. Aber ich weiß nicht, ob ich hier schockiert oder böse sein soll.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 29. Mai 2022 um 00:19

Beides. Tolle Rezi. Ich dachte zuerst, 1468 - irre - dann "Apokalypse"??? Passt nicht zusammen. Vllt wurde der Autor ja gestört beim Schreiben, seine Frau bekam ein Kind - kommt vor - oder ein Einbrecher zwang ihn, so einen plöden Schluss zu schreiben: Der Einbrecher war nämlich ein Autorenkonkurrent und wollte dass Harris sich mal so richtig blamiert ... alles möglich. Jedenfalls, Emsi, iss einfach Birnen - dann passiert so was nicht.
 

Emswashed kommentierte am 29. Mai 2022 um 07:10

LOL! Ja, dann sollte ich vielleicht einfach Mitleid haben.