Rezension

Interessant, aber leider viel zu kurz

Herzblut: Liebe macht Anders - Karen-Susan Fessel

Herzblut: Liebe macht Anders
von Karen-Susan Fessel

Bewertet mit 4 Sternen

Gleich zu Anfang wird man sofort in die Handlung reinkatapultiert. Von den ersten Zeilen an geht man davon aus, dass ein Teenager von seinen Mitschülern und Altersgenosen entweder in den Tod getrieben wurde, oder von ihnen von der Brücke gestoßen wurde. Anders ist der Neue an der Schule, der nicht nur den Namen Anders trägt, sondern auch wirklich anders ist. Er wirkt selbstsicher zu Beginn und nicht so wie der typische Neue im neuen Schuljahr.

Das Buch ist im Interview- und Verhörstil geschrieben. Die verschiedenen Klassenkameraden und Beteiligten kommen alle zu Wort. Jeder erzählt die Geschichte und Geschehnisse aus seiner Sichtweise. Dadurch bekommt man als Leser immerwieder Puzzelteile zu geworfen, die man zusammensetzen kann, um selbst auf die Spur von Anders Geheimnis zu kommen und seiner Andersartigkeit.

Anders ist der Neue an der Schule, mit einem Geheimnis. er und seine Familie, seine Schwester Signe und seine Eltern sind erst kürzlich her gezogen. Sein Vater hat einen neuen Job bekommen und ist nun der Vorgesetzte von Roberts Vater. Anders hat eine Vergangenheit, über die sich jedoch zu beginn nichts herausfinden läßt. Erst nach und nach lüftet sich sein Geheimnis.

Anders Schwester Signe macht sich immer wieder Sorgen um ihn, freut sich aber auch gleichzeitig, als sie ihn zusammen mit Sanne sieht. Sie hat so ihre Bedenken und möchte nur, dass es ihm gut geht und es nicht so wird, wie in ihrer alten Heimat und seiner alten Klasse. Sie ist älter als Anders und möchte ihn davor beschützen, noch weitere schleche Erfahrungen zu machen.

Robert ist ein Mitschüler von Anders und der bisherige Klassensprecher der Klasse. Zudem ist er der Ex-Freund von Sanne und möchte diese unbedingt wieder zurück haben. Ihm kommt Anders von Beginn an "komisch" vor, er ist ihm ein Dorn im Auge und so beginnt Robert über dessen Andersartigkeit zu rätseln. Robert ist gewöhnt, immer das zu bekommen, was er will und das alle das machen, was er sagt. Doch Anders läßt sich darauf nicht ein und als dann auch noch Sanne ein Auge auf Anders wirft, nagt die Eifersucht an Robert. Er findet es komisch, dass über Anders niergends etwas zu finden, ist, dass er in keinem der sozialen Netzwerke aufzustöbern ist, weder auf Facebook, Twitter und auch überhaupt nicht auf Schüler VZ. Er lässt nicht locker und ist geradezu besessen davon etwas über Anders heraus zu bekommen.

Ein liebenswertes und nettes Mädchen ist Sanne. Sie war von Anfang an von Andres Verhalten, seinem Aussehen und seiner Art fasziniert. Sie versucht nach und nach Anders näher kennen zu lernen und es entwickeln sich zwischen ihr und ihm zarte Bande. So ist es auch Sanne, der dann Anders schließlich sein Geheimnis anvertraut. Sie steht jedoch zu ihm, auch wenn es ihr etwas komisch vorkommt.

Bisher war Pascal immer der Außenseiter der Klasse, der von Robert und seinen Mitläufern gehänselt wurde. Ebenso von einigen der Mädchen. Doch als Anders in die Klasse kommt, wird es anders, denn in ihm findet er einen Freund und bekommt neues Selbstvertrauen. Zudem beginnt er für dessen Schwester Signe zu schwärmen, als er sie das erste Mal sieht und traut sich auch später diese anzusprechen. Er macht eine starke Entwicklung im Verlauf der Handlung durch.

Der Schreibstil ist einfach und die Sprache dem Alter der Charaktere angepasst. Es ist einfach zu lesen, trotz der abwechselnden Sichtweisen der verschiedenen Charaktere. Es steht immer darüber, welcher der vielen Mitschüler, Verwandten und Bekannten die Handlung aus seiner Sicht erzählt. So kommt man beim Lesen nicht durcheinander und verzettelt sich. Am Anfang mag es ein wenig verworren für einen sein, doch schon nach kurzer Zeit ist man einfach in die Geschichte vertieft. Das große Geheimnis um Anders wird natürlich am Ende des Buches aufgelöst. Man wird zwar immer wieder ein wenig in die entsprechende Richtung geschubst, doch wenn man nicht unbedingt eine Vermutung hat, was es sein könnte, ist es dennoch eine Überraschung. Und ein Thema, über das man wirklich nachdenken sollte.

Das Cover ist simpel und doch irgendwie elegant gehalten, mit dem Titel in einem pinkem Schriftzug, der nicht schreiend und knallig wirkt, aber jedoch aufmerksam auf es macht. Die Hauptfarbe ist eine Mischung aus grau-grün-blau und im Hintergrund sieht man ein paar Textfragmente von einer Seite aus dem Buch durchschimmern. Diese durchscheinende Satzfragmente machen neugierig auf den Inhalt und die Handlung.

Das Buch hat nur 170 Seiten und ist somit wirklich schnell durchgelesen. Es ist eine Geschichte über einen jungen Menschen, der ein Geheimnis hat, und nicht so ist, wie andere alle glauben. Es geht um ein Thema, das einem die Augen öffnet und über das es viel mehr Aufklärung geben sollte. Es erfordert viel Toleranz und ist etwas, mit dem sich Jugendliche beschäftigen sollten. Die 170 Seiten finde ich leider etwas zu kurz, so hätte mich auch noch Anders Seite interessiert, die leider nciht in dem Buch vorkommt. Aus dem Thema hätte man mehr herausholen können. Es ist wirklich sehr interessant zu lesen und stimmt einen nachdenklich. Gerade in unserer Zeit, wo Andersartigkeit nicht immer tolerriert wird, ist dies ein Buch, dass auch gut für den Unterricht zum Lesen geeignet wäre.