Rezension

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Kopfverdrehende Kurzgeschichten

Mindfuck Stories
von Christian Hardinghaus

Bewertet mit 4 Sternen

15 Kurzgeschichten mit Mindfuck-Effekt (MF-Effekt). Auf Deutsch könnte man das mit  Gehirntäuschung oder vielleicht auch Aha-Effekt bezeichnen. Jedenfalls sind es Kurzgeschichten, die eine überraschende Wendung, meistens am Ende, besitzen. MF Geschichten könne z.B. ein unvorhersehbares oder offenes Ende haben, bei dem man als Leser noch viel interpretieren kann, oder sie können den Leser manipulieren und verwirrt zurücklassen. Dieses Buch erhält von jeder MF-Art einige Geschichten. Für mich war es das erste Mal, dass ich mich in dieses Genre begeben habe- und ich muss sagen, es hat mich schon irgendwie begeistert. Zwar fand ich nicht alle Stories super, aber alle haben zumindest  den erwünschten Effekt erzielt. Dazu kamen noch ein sehr guter Schreibstil und ein passendes Cover. Jedenfalls gibt es von mir 4 von 5 Punkten insgesamt. Und hier noch mal die einzelnen Kurzgeschichten im Überblick:

Fensterpatientin

Erst war ich ziemlich geschockt von der Geschichte, dachte doch die ganze Zeit, was für schlimme Dinge die Protagonisten erleben musste. Jahrelang wurde sie in einem dreckigen und dunklen Kellerloch festgehalten und musste teilweise sogar Ungeziefer essen, um nicht zu hungern. Komisch wurde es dann, als Emma erzählt hat, dass sie nun bei einer netten Frau wohnt und bei ihr im Bett schlafen darf-und das sie nicht sprechen kann, sondern nur Brummen. Der Aha-Effekt kam schließlich, als erzählt wurde, dass Emma mit ihren Pfoten über eine Wand schrabbte...Emma ist eine Katze! Zwar ist deshalb die Geschichte nicht weniger traurig, aber der MF-Effekt war super!

 

Der Baumjunge

Erst erscheint die Situation ja ganz idyllisch-ein rothaariger Junge, der unter einem Ahornbaum sitzt und nachdenkt. Als Lukas dann aber von seinen fiesen Klassenkameraden und dem Mobbing und den Strafen erzählt, wird man schon etwas misstrauisch. Besonders als man erfährt, dass sie in als Hexer beleidigen und ihn unter dem Baum festgebunden haben, um ihn anzuzünden. Echt schockend, zeigt es nur wieder, wie grausam Kinder oft sind. Und ich hatte ebenfalls wieder einen super MF-Effekt.

 

Der Vier-Millionen-Euro-Mann

Ein Psychiater unterhält sich mit Fred, der nach seinem Vier-Millionen von seinem Zwang, alles nur mit 3 zu brauchen oder zu tun, geheilt ist. Allerdings scheint Fred ziemlich abgelenkt und abwesend, als der Psychiater und der Leser einen Aha-Effekt haben: Fred ist nun auf die Zahl 4 fixiert. Sein Name hat vier Buchstaben, vier-Millionen Euro, viermal klopft er mit seinem Ring ans Glas. Allerdings fand ich diese Geschichte nicht ganz so gut wie die vorherigen.

Das Wohnzimmer-Experiment

Anfangs fand ich die Geschichte etwas seltsam. Ein Mann, dessen Welt verschwommen scheint, sich nach und nach aber immer mehr zusammensetzt. Überraschend hat dann die Perspektive zu einem Mädchen gewechselt, das ein Puzzle mit dem Motiv eines Mannes in seinem Wohnzimmer puzzelt. Da ist mir klar geworden, dass der Mann sich wirklich in einem Puzzle befindet. Besonders der letzte Satz hatte Gänsehauteffekt. Die Geschichte hat mir gut gefallen, sie hat irgendwie einen leichten Gruseleffekt.

Das Kopfding

Diese Kurzgeschichte fand ich irgendwie ziemlich verwirrend. Selbst das Ende hat mich nicht wirklich aufgeklärt. Es geht um siamesische Zwillinge, allerdings muss einer sterben, damit der andere leben kann, und so kommt es zu einer OP. Diese verläuft zufriedenstellend für den Vater, der "richtige" Zwilling konnte gerettet werden, die Mutter ist aber traurig, dass ein Kind sterben musste. Irgendwie habe ich in die Geschichte nicht wirklich reingefunden, erst nach dem Lesen der Beiträge in der Leserunde habe ich mir die Geschichte erschlossen.

Fuchsteufelswild

Florian ist ziemlich wütend, als er nach drei Wochen seinen Urlaub abricht um zu seiner Freundin Miriam zu fahren, da diese eine Affäre mit Wilfried zu haben scheint. Überraschend, als  man erfährt, dass Wilfried ein Fuchs ist. MF-Effekt, als Florian in die Küche geht, um auf Miriams Drängen hin den Fuchs zu sehen, der sich als Plüschfuchs entpuppt. Wirklich überraschende Wendung, hätte nicht gedacht, dass Miriam so verrückt ist. Allerdings frage ich mich, was es mit dem Obdachlosen auf sich hat.

Nachkriegskleid

Okay, also diese Geschichte hat mich ziemlich verwirrt. Mit Christians Tipp ist mir allerdings klar geworden, dass Steinn vorausgeahnt hat, dass er sich mit dem Amerikaner anfreundet und eines Tages mit seiner Frau Helga im Garten sitzen wird, um auf die Gäste zu warten. Die Granate holt ihn aber wieder in die Realität zurück, er liegt schwer verletzt in einem Graben und ist dabei zu sterben. Der Wechsel von der brutalen Kriegsszene an der Front in ein idyllisches Kleinstadtleben mit Frau und Enkeln und wieder zurück war ziemlich krass, der MF-Effekt hat sich mir aber erst ziemlich spät erschlossen. Trotzdem hat mir die Kurzgeschichte sehr gut gefallen.

Die Flugsimulantin

Yvonne ist Stewardess an Bord des Airbus 0 Angst. Dieses dient einer Flugsimulation, die den Passagieren die Angst vor dem Fliegen nehmen soll. Aber nicht nur schreckliche Kopfschmerzen plagen Yvonne, plötzlich scheint auch alles schief zu laufen. Die Schauspielerin, die eine Geburt simulieren soll, scheint wirklich ein Kind zu bekommen und der angebliche Terrorist zündet eine echte Bombe. Zu spät wird Yvonne klar, dass es die Realität ist und keine bloße Simulation. Ihre Uniformmütze findet schließlich ein kleines Mädchen, das bald schon schreckliche Kopfschmerzen bekommt. MF-Effekt 1: Es war keine Simulation, sondern nur eine Vorstellung Yvonnes, um die Realität zu verdrängen. Aha-Effekt 2: Der Fluch der Mütze überträgt sich. Hat das Mädchen nun auch Wahnvorstellungen? Diese Geschichte hat mir auch sehr gut gefallen, auch wenn die Flugsimulation mir schon etwas merkwürdig vorkam, konnte mir nicht vorstellen, dass es so ein Programm so gibt.

Der Schätzer

Hauke ist stolz auf sich, als er in seinem Garten einen Schatz findet. Sein Sohn liebt Piratengeschichten und seine Frau wird nun endlich wieder zu ihm ziehen. Denn vor einigen Jahren konnte Hauke als Feuerwehrmann bei einem Hochhausbrand nicht verhindern, dass eine Frau und ihr kleiner Sohn ums Leben kamen, als sie aus dem brennenden Haus sprangen. Wie sich dann herausstellt, sitzt Hauke im Sandkasten und stellt die Geschichte mit Playmobilfiguren und Spielzeug nach. Es war seine Familie, die er damals nicht retten konnte. Hier hat mich das Ende ziemlich berührt, es ist echt traurig. Es zeigt einfach, wie schlimme Ereignisse ein Leben verändern können.

Hypnozähne

Ehrlichmann ist Hypnotiseur, wird jedoch von Nina mit seinen eigenen Waffen geschlagen,. Diese hat Beate, Ehrlichmanns betrogene Frau auf einer Website kennengelernt und will ihn nun bestrafen. Dafür stellt sie ihn als Sexualtäter da. Eine super Geschichte mit überraschender Wendung, nach dem Motto, was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem anderem zu. Bei den meisten Kurzgeschichten hier steckt ja auch Moral dahinter, bei dieser Geschichte kommt sie aber besonders gut raus.

Die Tantenüberfahrt

Patrick ist Bestatter und hat keine Angst vor dem Tod. Auf dem Schiff bei einem Becher "Tote Tante" bekommt er jedoch einen Panikanfall und sieht und einen Jungen mit lila Kapuzenpulli, der vom Tod in Form eines Sensenmannes empfangen wird. Dann stellt isch aber heraus, dass Patrick gar nicht auf einem Schiff ist, sondern einen Autounfall mit dem Leichenwagen hatte. Dabei hat er einen Jungen mit lila Kapuzenpulli überfahren. Um mir das Zusammenzureimen, habe ich einen Moment gebraucht. Erst war ich ziemlich ratlos, allerdings hat mir die Geschichte auch nicht ganz so gut wie andere gefallen.

Kein reiner Wein

Eine Frau leidet an einer Zwangsneurose, diese bessert sich aber, als sie ihre große Liebe findet. Schon bald treibt ihr Mann jedoch perfide Spiele mit ihr, vergewaltigt sie häufig. Eines Abends will sie sich vergiften, gibt stattdessen dann das Glas ihrem Mann und bringt ihn um. Dann stellt sich heraus, dass das Ganze nur ein Manuskript ist. Aber wer weiß schon, ob es nicht eine Geschichte ist, die auf wahren Ereignissen ruht? Eine super Story mit klasse MF-Effekt!

Panzerschokolade

Jeff hat seinen ersten Drogeneinsatz mit einem neuen Kollegen. Als dieser jedoch den Dealer erschießt und schließlich die Drogen für sich selbst mitnehmen möchte und Jeff bedroht, erschießt Jeff ihn. Dabei hat sich das Ganze nur um ein Schauspiel gehandelt, um Jeff beim Drogenkommando willkommen zu heißen, der Drogendealer wurde nur mit einer Platzpatrone getroffen. Jeffs Kollege ist aber wirklich tot! Zwar hatte ich mir schon gedacht, dass Jeffs Kollege spielt, trotzdem war noch ein MF-Effekt da, als die anderen Polizisten alles aufgeklärt haben. Jedenfalls wieder eine gute Geschichte.

Zwischen Tür und Angela

Okay, also diese Geschichte hat mich ziemlich ratlos gemacht. Lennard träumt im betrunkenen Zustand vom Geld und davon, seine Freundin Angela loszuwerden, wird jedoch vom Handyklingeln unterbrochen. Dies passiert öfters, immer wieder werden seine Vorstellungen unterbrochen. Wer anruft oder was derjenige sagen will, bleibt ungeklärt. Anscheinend ist es so eine Art Traum im Traum, bis man endgültig vom Wecker geweckt wird. Konnte mich aber leider nicht wirklich überzeugen.

Pappkameraden

Vincent ist mit seinen Kumpeln raus in die kalten Berge gefahren. Da er aber seine Freundin mit der Freundin seines Kumpels betrogen hat, lassen diese ihn hilflos nach einem Trip im Schnee zurück. Vincent fantasiert, was Wirklichkeit war und was Wahnvorstellung, bin ich mir nicht sicher. Jedenfalls gibt es ein trauriges Ende, denn Vincent erfriert. Zwar etwas verwirrend, trotzdem hat mir die Geschichte gut gefallen. Hier hatte ich mehrere MF-Effekte, obwohl ich nicht sagen kann, was jetzt die Realität bei dieser Geschichte war  und was geträumt war.

Kommentare

adamusa kommentierte am 12. Juli 2023 um 07:01

This novel is very good. It reflects many current societal realities. This helps attract more readers. mapquest directions