Rezension

Misogynie hat Folgen

Und alle so still
von Mareike Fallwickl

Bewertet mit 5 Sternen

Und alle so still. Ja, genauso ist es. Wir sind still. So still. Kochen innerlich. Aber sind still. Entsetzlich still!

Schon mit "Die Wut, die bleibt" hatte mich Mareike Fallwickl getroffen, tief getroffen. Denn dunkle Phasen sind mir bekannt. Ich weiß, was dies mit einem macht, wie schwer es ist dagegen zu steuern, wie schwer die Schritte der Akzeptanz und der Aktion sind. Und natürlich weiß man um die Ursachen. Kämpft dagegen an, in den möglichen Rahmenbedingungen natürlich. Verändert, sinniert, erkennt und entdeckt sich neu. Gewinnt und scheitert. und man macht weiter. Doch dies geht nur bis zu einem gewissen Punkt. Denn dies hat mit einer Selbstreflexion zu tun. Und dem Mut, dem Willen und der Möglichkeit zur Veränderung.

Aber genauso hat dies auch mit einer gesellschaftlichen Veränderung zu tun. Und dies zielt auf das uns bestimmende Patriarchat. Denn dieses System ist die Ursache vieler Probleme in der heutigen Zeit. Probleme von Männern und Frauen wohlbemerkt. Denn dieses Höher-Schneller-Weiter macht ja mit uns allen etwas. Wir funktionieren in diesem Höher-Schneller-Weiter. Um über die Runden zu kommen. Natürlich. Aber auch, weil dieses Höher-Schneller-Weiter einen gewissen Reiz hat, wir davon profitieren, wir alle in dieser westlichen Welt. Denn das sollte man sich klar machen. Es sind nun mal nicht die, es sind wir. Wir alle. Denn wir alle machen dieses System, dieses Patriarchat erst möglich. In dem wir funktionieren und in dem wir verbrauchen.

Mareike Fallwickl schaut in "Und alle so still" auf diesen imaginären Punkt in der Zukunft, in dem wir eben nicht mehr funktionieren. Sie schaut an diesen Punkt des Aufbegehrens. Ein Aufbegehren in der Form der Verweigerung. Ein interessanter Punkt! Denn gerade diese Care-Berufe sind ja von der Unterdrückung im Patriarchat besonders betroffen, wie Covid ja so anschaulich demonstrierte. Und ja. Es wurde geklatscht. Toll!?!? Aber was hat sich sonst noch getan? Außer, dass die Anforderungen und der Druck weiter steigen. Und das tangiert mich schon sehr. Denn auch ich bin einer dieser Care-Arbeitenden, eine dieser Beklatschten. Was also tun? Aufbegehren wie im Buch. Aber im Land des Untertans. Funktioniert dies bei uns? Dies muss sich jede/r selbst fragen. Dieses Buch legt den Finger tief in eine offene Wunde. Und dafür liebe ich dieses Buch und dich, liebe Mareike!

Denn wie funktionieren Veränderungen? Sicher nicht in dem man weiter abduckt und weiter funktioniert. Verbale Veränderungsgesuche zum Thema Frauenrechte und Gleichstellung gab es schon viele. Sie haben ja auch Veränderungen gebracht. Aber halt nur kleine. Wann kommen dann die großen Veränderungen? Muss es dazu wirklich erst zu revolutionsähnlichen Zuständen kommen wie in diesem Buch? Ich hoffe dies ja nicht!

Ein interessantes und ein mich anzündendes Buch!