Rezension

Öffnet Augen

Und alle so still
von Mareike Fallwickl

Wow, was für ein Buch! Es ist lange her, dass mich ein Buch so mitgerissen und bewegt hat und ich am Ende erst einmal durchatmen musste.  Ja, die Geschichte und ihr Verlauf sind natürlich rein fiktional und überspitzt, aber mit dem Kern der Wahrheit trifft Mareike Fallwickl wieder mitten ins Schwarze. Vielleicht muss man manchmal das „Was wäre wenn?“ etwas aufbauschen, um den gegenwärtigen Ist-Zustand mehr in den Fokus zu rücken von denjenigen, die so gern die Augen vor der Wahrheit verschließen. Denn Fakt ist, vieles läuft nicht richtig und ist alles andere als gerecht.

Mareike Fallwickl spricht Themen an, die brisant sind, über die aber gesprochen werden muss: Welchen Wert hat Care-Arbeit hierzulande? Sollte sie nicht als Grundlage jedes funktionierenden Miteinanders mehr wertgeschätzt werden? Und wie kann es dann sein, dass Menschen, die sich kümmern, immer öfter alleine dastehen und durch die Maschen des Systems fallen? Noch so ein Thema: billige Arbeitskräfte. Wie ist es möglich, dass manche Menschen tagtäglich bis zum Umfallen schuften, aber sich kaum die Wurst auf dem Brot leisten können? Weitere Themen unserer Zeit wie häusliche Gewalt, Unterdrückung, festgefahrene Rollenbilder, Hass im Netz, Selbstliebe und Selbsthass weiß die Autorin hier mit einem beeindruckenden Gespür beim Namen zu nennen. Alles keine leichte Kost.

Und doch ist das Buch bei all dem nicht desillusionierend. Ganz im Gegenteil, es macht sogar Mut und weckt die Hoffnung auf Veränderung und Zusammenhalt. Das mag jetzt seltsam erscheinen, aber lest es am besten selbst. Ich kann es euch nur empfehlen.

Für mich wäre „Und alle so still“ übrigens die perfekte Schullektüre. Das Buch und die Diskussion dahinter würde vielleicht dem einen oder anderen Jugendlichen/jungen Erwachsenen die Augen öffnen und einen ganz neuen Blickwinkel auf die Dinge bescheren.