Rezension

Mörderisches Tübingen

Nashville oder Das Wolfsspiel - Antonia Michaelis

Nashville oder Das Wolfsspiel
von Antonia Michaelis

Klappentext:
Atemlos spannend! Ein mörderischer Thriller über Liebe und Verrat. Die achtzehnjährige Svenja findet in einer Abseite ihrer neuen Tübinger Studentenwohnung einen verwahrlosten, stummen 11-jährigen Jungen und nimmt ihn bei sich auf. Nach seinem T-Shirt-Aufdruck nennt sie ihn Nashville. Als eine Serie von Morden an Obdachlosen die Stadt in Aufruhr versetzt, wird Svenja unruhig. Hat Nashville, der immer wieder heimlich verschwindet, etwas damit zu tun? Bald schon merkt sie, dass nicht nur Nashvilles, sondern auch ihr Leben bedroht ist. Ein grandioser Thriller der mehrfach ausgezeichneten Autorin Antonia Michaelis, eine packende und fesselnde Geschichte von Liebe, Sehnsucht, Ängsten und Freunden, denen man nicht trauen kann.

Die Autorin:
Antonia Michaelis wurde in Kiel geboren und ist in Augsburg aufgewachsen. Sie hat in Greifswald Medizin studiert und unter anderem in Indien, Nepal und Peru gearbeitet. Heute lebt sie mit Mann und zwei Töchtern gegenüber der Insel Usedom im Nichts, wo sie zwischen Seeadlern, Reet und Brennnesseln in einem alten Haus lauter abstruse Geschichten schreibt.

Meine Meinung:
Svenja zieht nach Tübingen, um Medizin zu studieren. In der Wohnung, die sie angemietet hat, findet sie einen verwahrlosten Jungen, der nicht spricht. Er sieht mitgenommen aus und hat große, dunkle Augen. Auf seinem T-Shirt steht Nashville, und so nennt sie ihn fortan. Svenja entscheidet sich, den Jungen bei sich wohnen zu lassen, sie kann es nicht übers Herz bringen, ihn bei der Polizei zu melden. Aufopfernd kümmert sie sich um Nashville, der langsam Vertrauen zu ihr fasst. Trotzdem braucht er seinen Freiraum und verschwindet in den Nächten. Wohin, das weiß zunächst nur er.
Sie lernt Friedel kennen, der mit ihr studiert, seine Freunde Thierry und Kater Karlo, und Katleen, die vor der Stiftskirche gern ihr Gemüse schneidet. Und da ist noch Gunnar, der an seiner Doktorarbeit schreibt und in den sich Svenja verliebt.
Ihr wächst bald alles über den Kopf, denn ein Mörder geht in Tübingen um, der es auf Obdachlose abgesehen hat. Sie hat Angst um Nashville, der mehr über die Morde zu wissen scheint. Kann Svenja ihn schützen?

"Nashville oder Das Wolfsspiel" wartet mit einer mal mehr, mal weniger spannenden Handlung auf, die auch den Leser bis zuletzt im Dunkeln lässt, wer der Mörder ist. Die Auflösung war überraschend, gelungen und auch traurig.
Bücher von Antonia Michaelis nehmen mich immer auf eine Reise in die Stadt, in die Gegend mit, in der sie spielen. Mich fasziniert, mit welcher Intensität die Geschichte erzählt wird. Und am Ende ist man schockiert und melancholisch, weil es eben nicht immer ein Happy End gibt. Aber auch das passt, denn im wahren Leben ist es leider auch so.

Was mir dieses Mal nicht so gut gefallen hat, war, dass die Handlung sich hinzog. Das nahm dem Nervenkitzel die vollständige Entfaltung. Auch dass Svenja einfach so Nashville "behalten" konnte und wollte - das war doch zu einfach und auch blauäugig von ihr. Wobei das ihren 18 Lebensjahren geschuldet ist, da hat man eine andere Sichtweise.
Die Figuren um sie herum, die neu gewonnenen Freunde, fand ich alle gut charakterisiert. Man wusste oft nicht, wem man trauen kann und ob sie ihr eigenes Spiel spielten.

Was mir wieder besonders gefiel, war die Poesie, mit der die Seiten angefüllt waren. Das ist ein Talent, das nicht alltäglich ist und sich in den Büchern von Antonia Michaelis ständig wiederfindet. Dabei gibt es aber keine Wiederholungen, sondern immer neue Beschreibungen und bildhafte Darstellungen der Figuren, der Umgebung, der Gefühle, des Wetters etc.
Das macht es zu einem Vergnügen, nachzudenken, manche Phrasen noch einmal zu lesen und diese zu verinnerlichen.

"Nashville oder Das Wolfsspiel" ist ein eher ruhig erzählter Thriller, dem es ab und an an Dramatik gefehlt hat, der aber originell mit vielen Botschaften über das Leben und das eigene Dasein verpackt wurde.

4 Sterne.