Rezension

Mordmotive in Zons - damals und heute

Sündenkammer - Catherine Shepherd

Sündenkammer
von Catherine Shepherd

Dieser Thriller spielt auf 2 verschiedenen Zeitebenen, die sich bezüglich Spannung die Waage halten, beide sind wirklich spannend zu hören. Es beginnt gleich mit einem furchteinflößenden Prolog, als eine Frau auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird. Dieser Mord gehört zur Gegenwartsebene und bleibt nicht der einzige. Der Mörder scheint es auf Frauen abgesehen zu haben, die große Sünden begangen haben, aber welcher Umstand verbindet die Frauen? Kommissar Oliver Bergmann steht vor einem Rätsel und weiß nichtso recht, wo er mit den Ermittlungen ansetzen kann. Eine große Rolle spielt eine Satanisten-Gruppe, die der Gothic Szene zugeordnet werden kann, aber hat sie mit den grauenvollen Morden zu tun?
Die andere Ebene liegt in einem Kloster, vor 500 Jahren, wobei die Opfer junge Novizen sind, die auf geheimnisvolle Weise ums Leben kommen. Wer hat hier seine Hände im Spiel und warum? Der Stadtsoldat Bastian von Mühlenberg nimmt die Ermittlungen auf...
Der Spannungsbogen ist auf beiden Ebenen straff gespannt, man seht immer wieder die nächsten Szenen herbei. Catherine Shepherd versteht es durch Cliffhanger und falsche Fährten den Thrill zu erhalten. Durch den fließenden und locker gehaltenen Schreibstil wird es so nie langweilig. Auf beiden Ebenen hält sich der Täter bis zum Ende gut verborgen.
Die Protagonisten sind interessant gezeichnet und sind gut vorstellbar. Mir gefällt am besten der Stadtsoldat Bastian, der seine Ermittlungen sehr ernst nimmt, sie gewissenhaft durchführt, auf der anderen Seite aber auch sehr menschlich und hilfsbereit ist. Sein sozialer und empathischer Charakter wird besonders am Ende deutlich. Verglichen mit ihm bleibt Kommissar Bergmann eher eine blasse Figur, die zögerlich handelt  und keine spektakulären Methoden einsetzt. Das stört mich aber nicht sehr. Gut finde ich, dass wir zwar Zugang zum Privatleben der Ermittler bekommen, aber dies sich in Grenzen hält.
Was mir nicht gefallen hat, weil ich keine Erklärung dafür bekommen habe, ist diese mystische Verbindung zwischen früher und heute, zwischen Bastian und Anna und ihren Träumen. Bastians erste Frau war Anna, sie erscheint immer wieder in seinem Unterbewußtsein, das ist ja noch einleuchtend, aber was verbindet die Anna von heute mit dem Bastian von früher? Ich habe ab der Hälfte ständig auf eine Enthüllung gewartet, aber da war nichts. Schade!
Ein ganz großes Lob hat Erich Wittenberg verdient, der aus der Lesung eine spannende Vorführung zaubert. Er vermittelt geschickt durch Stimmnuancen und Tempowechsel die verschiedenen Protagonisten, die bedrohliche Atmosphäre und die Angst der Opfer. Das war mein erstes Hörbuch, das von ihm gelesen wurde, aber ich werde mir seinen Namen merken. Großartig!
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass ich das Hörbuch genossen habe, weil es unbestritten spannend ist und durchaus empfehlenswert. Einen Stern ziehe ich aber ab, weil ich die Verbindung zwischen den beiden Ebenen vermisse.