Rezension

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Nicht nur enttäuschend, sondern aus feministischer Sicht auch problematisch!

The Queen Will Rise -

The Queen Will Rise
von Marie Niehoff

~ Auf einen großartigen Auftakt folgte für mich leider eine herbe Enttäuschung. Fast alles, was ich an Band 1 so geliebt habe, wurde mir in der Fortsetzung vorenthalten. Statt Feminismus und einer wandelnden Green Flag (Benedict), werden einem hier Dark Romance und problematische Szenen serviert. Wäre das hier ein Restaurant, hätte ich meinen Teller zurückgehen lassen mit den Worten: „Nein, danke, das hab‘ ich aber nicht bestellt!“ Ich kann „The Queen Will Rise“ daher leider nicht weiterempfehlen. Lest lieber Teil 1 (der ist wirklich toll!) und lasst es dann gut sein (trotz des gemeinen Cliffhangers)… ~

Inhalt

Sie hatte geplant, ihn zu töten, doch dann hat sie sich in ihn verliebt… Nun sitzt Florence im Kerker, ist aufgeflogen, gilt als Verräterin und das einzige Gefühl, das Benedict ihr nun noch entgegenzubringen scheint, ist Hass. Unterdessen gerät er politisch immer mehr unter Druck. Kann Florence helfen und damit ihre Fehler wiedergutmachen?  

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band 2/2
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präsens
Perspektive: weibliche UND männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis etwas länger

Inhaltswarnung: Blut, Tod, Gewalt, Gewalt gegen Frauen, sexualisierte Gewalt
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: --- ♥

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Enemies to lovers
- Hassliebe
- Romantasy mit Dark-Romance-Einschlag
- wenig Worldbuilding
- handlungsarme Geschichten mit Fokus auf die Beziehung
- Vampire
- Leben am Königshof

Zitate

„Schon seit mich Benedict zu seiner Blutblut gemacht hat, war ein Happy End unmöglich.“ Seite 49

„Aus der Hitze unserer Auseinandersetzung wird ein Knistern auf meiner Haut, ein Glimmen in meiner Magengrube, ein Glutnest in meinem Scheiterhaufen von einem Herz. Florence und ich sind nur einen Windstoß von einem Wandbrand entfernt […]“ Seite 240

„Sie hat mich vom ersten Tag an herausgefordert, war mir immer ebenbürtig. Und das kam mir richtig vor.“ Seite 128

Meine Rezension

„When the King Falls” war damals – ich gebe es zu – in Wirklichkeit ein Coverkauf, doch vollkommen unerwartet hat es sich dann als echtes Vampir-Romantasy-Highlight entpuppt. Ich habe so mitgefühlt und mit Florence mitgefiebert! An der Fortsetzung führte daher kein Weg vorbei – entsprechend hoch waren auch meine Erwartungen.

Doch konnte mich auch Band 2 wieder so begeistern und emotional mitreißen wie der Auftakt? Nein, leider nicht, denn er hat mich leider ziemlich enttäuscht. Gewünscht habe ich mir mehr von dem, was ich so geliebt habe – bekommen habe ich: etwas anderes. Er fühlte sich nämlich wie ein Crossover von „When the King Falls“ und „50 Shades of Grey“ an – und zwar leider nicht auf eine gute Art. Eigentlich hat sich bei mir schon ein leicht mulmiges Bauchgefühl eingestellt, als ich die Triggerwarnung sah (im Print-Buch leider nicht enthalten!), denn dort stand, Consent wäre trotz härterer Szenen „grundsätzlich“ immer gegeben. Wieso braucht man dieses kleine Wörtchen, wenn man sich absolut sicher ist? „Sehr verdächtig!“, dachte ich mir misstrauisch – und sollte Recht behalten.

Gerade das, was ich nämlich am ersten Band so geliebt habe – den Feminismus, die absolut UNtoxische Beziehung auf Augenhöhe, die süße, kribbelnde Romantik, den liebevollen, empathischen und rücksichtsvollen Love Interest, den Consent, auf den so genau geachtet wurde – das alles war in Band 2 plötzlich verschwunden, fast als hätte eine andere Person dieses Buch geschrieben… oder als wollte hier jemand unbedingt auf den Dark-Romance-Zug aufspringen (ganz schlechte Entscheidung!), auch wenn dieser ÜBERHAUPT nicht zur Geschichte und den Figuren passt, die man ja in Band 1 schon sehr gut kennengelernt hat. Ich fühlte mich in Band 2 plötzlich an „50 Shades of Grey“ erinnert – wenn unsere (vormals) starke Protagonistin darum fleht, von unserer (früheren) Green Flag Benedict „bestraft“ zu werden und ihm verspricht, alles zu tun, was er wolle, SOLANGE er sie danach auch (hart) „f----" – was ER ihr in einer ziemlich unglaubwürdigen und leicht peinlichen Rede auch verspricht.  

Wir beide – Marieke Kessler (Bookstagrammerin) und ich, die gemeinsam dieses Buch gelesen haben – waren, gelinde gesagt, sehr irritiert. Nichts läge mir ferner als Kinkshaming (Kinks sind für mich, auch in Büchern, kein Problem, solange zu jedem Zeitpunkt Consent besteht), doch mich hat gestört, dass diese Szenen 1) vollkommen aus dem Nichts kamen, 2) überhaupt nicht zu den Figuren passten, weswegen ich beide in ihren neuen „Rollen“ 0 ernst nehmen konnte, 3) gänzlich unerwartet auf einen einprasseln, weil man so eine 180-Grad-Wendung bei einer Fortsetzung mit den gleichen Figuren logischerweise NICHT erwartet, 4) teilweise auch schlecht/klischeehaft/übertrieben geschrieben waren, sodass sie sehr unangenehm (cringe!) zu lesen waren.

Das größte Problem, das ich aber mit der Richtung, in die sich diese Reihe entwickelt hat, habe, ist, dass es in Band 2 zu einer sehr harten und groben S—szene kommt (Seite 245-251, wer nachlesen möchte), obwohl es KEINERLEI Absprachen und Safewords im Vorhinein gibt und Consent NICHT zu jeder Zeit von Benedict sichergestellt wird. Im Gegenteil, es fallen noch Aussagen wie „letzte Chance, Stopp zu sagen“… Nein, es ist nie zu spät, Stopp zu sagen, verdammt! Außerdem wusste Florence doch nicht einmal, worauf sie sich da genau einlässt. Benedict bemerkt in dieser Szene nicht einmal, dass er sie verletzt – und wird damit von der grünen zur Red Flag, vor der man seine Freundin warnen würde. Auch in solchen Momenten muss ich mich doch soweit im Griff haben, dass ich merke, wie es meiner Partnerin geht – hier kann ich wirklich nur den Kopf schütteln! Er fühlt sich IMMERHIN danach schlecht, entschuldigt sich und scheint zu merken, dass es falsch war, was er mit Florence angestellt hat (zu Recht!). Ein ehrliches und ernsthaftes Gespräch hätte diese Szene – aus der Florence mit blauen Flecken und Verletzungen, wimmernd, wie ein Häufchen Elend [seine Worte] geht! – vielleicht noch irgendwie retten können, aber SIE behauptet danach, dass angeblich alles okay wäre und sie das alles auch gewollt habe. Also sorry, aber das kann ich ihr nicht glauben! Auf mich hat es gewirkt, als wäre Florence so erschlagen und überfordert gewesen von Benedicts rücksichtslosem/empathielosem Verhalten (verständlich!), dass sie in dem Moment nicht einmal selbst gewusst hat, was sie überhaupt noch will und was nicht.

Ein großer Fehler war es hier, diese Szene auch noch aus der Sicht des Mannes zu beschreiben (Male Gaze), sodass wir nicht wissen, was Florence da wirklich durch den Kopf gegangen ist. Über diese Stelle haben wir in der Leserunde viel und lange diskutiert und wir sind uns noch immer nicht ganz einig, wie wir dazu stehen. Vielleicht ist es sogar eine Vergewaltigung, vielleicht noch im Graubereich, auf jeden Fall aber übergriffig, höchst fragwürdig und problematisch – diese Szene passt auch überhaupt nicht zu dem Benedict, den wir in Band 1 kennengelernt haben (eigentlich würde er so etwas niemals machen). Und aus feministischer Sicht war das Ganze natürlich eine herbe Enttäuschung!

Es gab selbstverständlich aber auch wieder Dinge, die mir gefallen haben: Den Schreibstil habe ich wieder geliebt! Die Autorin kann einfach schreiben und ihr flüssiger, anschaulicher Stil ist perfekt fürs Romantasy-Genre (deshalb werde ich auch ihrer Drachenreihe zumindest eine Chance geben). Dagmar Bittner hat wieder wundervoll und sehr mitreißend und lebendig das Hörbuch gelesen, besonders die Dialoge (Sven Macht fand ich hingegen recht gewöhnungsbedürftig und bin auch nur bedingt warm mit seiner Stimme geworden). Selbst wenn man das feministische Auge ganz fest zudrückt, war es für mich am Ende trotzdem nur ein mittelmäßiges Buch: Kaum Handlung, die Geschichte kriecht im Schneckentempo voran und einen durchgehenden Spannungsbogen sucht man (trotz einzelner spannender Momente) vergeblich. Dass ich zwei Monate daran gelesen habe, spricht glaube ich auch für sich… Auch dieses Kribbeln und die gute Chemie zwischen den Hauptfiguren hat mir leider oft gefehlt, ebenso wie das Worldbuilding. Ich hätte so gerne noch mehr über diese interessante Welt und Gesellschaft erfahren!

Mein Fazit

Auf einen großartigen Auftakt folgte für mich leider eine herbe Enttäuschung. Fast alles, was ich an Band 1 so geliebt habe, wurde mir in der Fortsetzung vorenthalten. Statt Feminismus und einer wandelnden Green Flag (Benedict), werden einem hier Dark Romance und problematische Szenen serviert. Wäre das hier ein Restaurant, hätte ich meinen Teller zurückgehen lassen mit den Worten: „Nein, danke, das hab‘ ich aber nicht bestellt!“ Ich kann „The Queen Will Rise“ daher leider nicht weiterempfehlen. Lest lieber Teil 1 (der ist wirklich toll!) und lasst es dann gut sein (trotz des gemeinen Cliffhangers)…

Bewertung

Cover / Aufmachung: 5 Sterne ♥
Idee: 3 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 2 Sterne
Umsetzung: 2,5 Sterne
Worldbuilding: 2,5 Sterne
Einstieg: 4 Sterne
Ende: 3 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 4 Sterne
Figuren: 3 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Tempo: 1,5 Sterne
Wendungen: 3 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 2,5 Sterne
Einzigartigkeit: 3 Sterne

Insgesamt:

☆★,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir zweieinhalb Sterne!