Rezension

orginelle Fantasygeschichte mit außergewöhnlicher Liebe

Stolen Mortality - Jennifer Benkau

Stolen Mortality
von Jennifer Benkau

Bewertet mit 5 Sternen

"Im Westen zeugte nur noch ein rötlicher Saum über den Hügeln davon, dass den ganzen Tag die Sonne geschienen hatte. Die letzten Reste einer heilen Welt, die zum Untergang verdammt war. Jeden Abend aufs Neue." (S. 10)

Charaktere:
Jamian ist 19 Jahre alt und, seit dem Tod von seinem Vater, der Vormund für seinen Bruder Junias. Darum möchte er seinen jüngeren Bruder vor jeglichen Gefahren schützen. Er ist ein Kienshi  und der Wächter von dem schottischen Dorf Glen Mertha. Er ist meist sehr vernünftig und versucht Kämpfe mit Vampiren zu vermeiden.
Junias ist 16 Jahre alt und geht noch zur Schule. Auch er ist ein Kienshi, wodurch er unglaubliche physische Kräfte besitzt, diese aber nicht zeigen darf. Darum muss er sich in der Schule unauffällig verhalten und das Mobbingopfer spielen, wodurch er oft davor ist, seine Peiniger mal richtig zusammenzuprügeln. Junias steht zunächst im Schatten seines Bruders und wird von ihm bevormundet, doch im Laufe des Buches entwickelt er sich zu einer eigenständigen, starken und klugen Persönlichkeit.
Die starke Verbindung von Jamian und Junias zueinander zeigt, welch großen Stellenwert Familie und insbesondere Geschwister in unserem Leben einnehmen.
Laine ist eine Vampirin und schon über 200 Jahre alt. An ihr menschliches Leben kann sie sich nicht mehr erinnern. Deshalb kann sie die Handlungsweise der Menschen nicht nachvollziehen und sieht so manche Charakterzüge als Schwäche an. Sie ist äußerlich sehr hart, obwohl sie einen weichen und verständnisvollen Kern hat, der nach und nach freigelegt wird.

Meine Meinung:
Die Geschichte über die Ereignisse rund um das Dorf Glen Mertha wird aus unterschiedlichen Erzählperspektiven beschrieben. Je nachdem was gerade passiert, erzählen Jamian, Junias oder Laine das Geschehen aus der personalen Perspektive.
Jennifer Benkaus Schreibstil ist– was soll ich dazu noch sagen? – wieder einmal perfekt! Ich liebe ihre Beschreibungen der Landschaften und Umgebungen, in denen sich die Protagonisten aufhalten. Ganz besonders fällt ihre Fähigkeit auf, die Gefühle und Empfindungen der Protagonisten in Worte zu fassen. Ich kann jederzeit nachvollziehen, wie die Charaktere sich fühlen und warum sie so empfinden, auch wenn das entsprechende Kapitel aus der Sicht eines anderen Protagonisten beschrieben wird. Lange Beschreibungen sind nicht langatmig und kurze Beschreibungen sind nicht zu knapp.
Die Spannung baut sich von Seite zu Seite immer mehr auf. Die Augen des Lesers fliegen rasend schnell über die Zeilen, sodass er mit der Verarbeitung des Gelesenen fast nicht mehr mitkommt. Der Show-Down zum Schluss lässt den Leser kaum atmen. Ich dachte mir ständig „Oh nein, bitte nicht!!“. Und doch kam alles anders als man befürchtet hat und schockt bzw. beeindruckt den Leser noch mehr. Wer „dark canopy“ und „dark destiny“ gelesen hat weiß, dass das Ende von Jennifer Benkaus Büchern nie ein perfektes Happy-End wie in der Vielzahl der Bücher ist. Auch wenn man einige Geschehnisse ahnt, treffen sie doch nie genauso ein oder werden noch durch eine weit bemerkenswertere Tatsache übertroffen.
Auch der Inhalt ist etwas Besonderes. „Stolen Mortality“ ist kein reines Vampirbuch. Im Vordergrund steht auch das Volk der Kienshi, zu denen Jamian und Junias gehören. Sie schützen die Menschen in dem Ort an dem sie leben, vor den Vampiren, damit diese nicht zu viel Blut von den Menschen trinken und sie dadurch töten. Natürlich gibt es zwischen den zwei Völkern auch so einige Reibereien, die hier auch eine Rolle spielen.
Der einzige und eher nebensächliche Kritikpunkt, den ich habe, ist es, dass Jamian, als die Rede von einer bestimmten Person ist, nur daran denkt, was diese bewirken könnte, aber nicht daran, dass dieser Leid wiederfahren könnte. Dies fand ich sehr schade, da er einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt in Bezug auf seinen Bruder Junias hat und dies gegenüber dieser bestimmten Person eigentlich auch haben sollte.
Die Entwicklung der Charaktere ist bemerkenswert. Laine erscheint anfangs sehr kühl und gefühlsarm, da sie die menschlichen Gefühle und damit verbundenen Handlungen nicht verstehen kann. Zunächst verachtet sie Jamian dafür, seinen Bruder beschützen zu wollen. Außerdem hat sie sich durch Kämpfe und ihrer über 200 jahrelangen Lebenserfahrung abgehärtet. Aber während sich das Geschehen immer weiter zuspitzt, erkennt man, dass sie auch fähig ist zu lieben und diese Person schützen zu wollen. Auch Junias verändert sich währenddessen und wird erwachsener. Diese Entwicklungen der Charaktere sind realistisch dargestellt, sodass der Leser sie sehr gut nachvollziehen kann.
Ich war immer überzeugt davon, dass ein/e richtig gute Autor/in über ein Thema schreiben kann, dass einen bestimmten Leser überhaupt nicht interessiert und dieser Leser verschlingt dann trotzdem die Seiten wahnsinnig schnell. So ist es auch bei Jennifer Benkau. Seit einem bestimmten Vampirbuch *hust*meide ich diese Bücher, egal wie großartig sie sein sollen. Aber es gibt ja Ausnahmen! „Stolen Mortality“ habe ich auch anfangs nicht beachtet, aber da ich von Jennifer Benkaus „dark“-Dilogie mehr als nur begeistert war, schaute ich es mir trotzdem mal näher an und wollte es dann doch lesen. Und ich kann nur sagen, dass ich es keinesfalls bereut habe. Dass „Stolen Mortality“ Benkaus Erstling ist, ist durch keine Mängel ersichtlich. Das Buch ist wieder grandios!

Fazit:
„Stolen Mortality“ ist ein wunderbares Buch, das durch Spannung und dem typischen Schreibstil Jennifer Benkaus überzeugt. Auch die Handlung rund um den Kienshis, den Vampiren und deren Konflikte trägt dazu bei, dass sogar Leser zu dem Buch greifen, die keine typischen Vampirfans sind.
5 von 5 Punkten