Rezension

Psychothriller par excellence

The Wife Between Us - Greer Hendricks, Sarah Pekkanen

The Wife Between Us
von Greer Hendricks Sarah Pekkanen

Bewertet mit 4 Sternen

Nellie ist 27 und Erzieherin bzw. Kellnerin. Bald tritt sie vor den Altar um den erfolgreichen – mit Betonung auf „reich“ - Hedgefond- Manager Richard zu heiraten und mit ihm in die Vorstadt zu ziehen. Das ist so unspektakulär wie langweilig – wenn da nicht Vanessa wäre, die die Hochzeit mit aller Gewalt verhindern will. Sie terrorisiert Nellie mit dubiosen Anrufen, säuft wie ein Loch und hofft, dass es ihre Tante, bei der sie seit der Scheidung von Richard wohnt, nicht bemerkt. Ihre Mutter starb vor ein paar Jahren und der Tod ihres Vaters ist noch länger her. Nellie kommt von den beiden wesentlich besser weg, denn ganz ehrlich – keiner mag alkoholsüchtige Trullas, die die jüngere und hübschere Nachfolgers ihres Ex' nachstellt. Da nützt es auch nichts, wenn sie noch so viele Psychologie-Podcasts hört, denn offenbar verhindern diese ihr frustriertes Handeln nicht.

Richard hingegen ist Vollwaise nachdem seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen. Die Erziehung übernahm danach seine Schwester Maureen. Doch das nützt nichts, denn man merkt von Anfang an, dass mit dem Hedgefond-Manager ebenfalls etwas nicht stimmt.

Man ist eigentlich sofort in der Geschichte drin. Ich bin – wie ich schon öfter geschrieben habe – kein großer Freund von Prologen, aber der in „The Wife Between Us“ gibt gleich das Tempo vor – und das ist enorm. Wenn nicht gerade Fußball WM gewesen wäre, während ich das Buch las, wäre ich in Windeseile durch gewesen – aber manchmal muss man eben Prioritäten setzen. Aber selbst dann macht es nichts, wenn man ein paar Tage nicht gelesen hat. Man ist sofort wieder drin in dieser schaurig-schönen Stimmung, die das Autorenduo hier aufbaut.

Das Buch ist in zwei Teile untergliedert, und gerade am Ende des ersten saß ich erstmal fünf Minuten da und musste mich wieder ordnen, denn am Ende stellen Hendricks und Pekkanen einfach mal alles auf den Kopf, und ich so: „Wie? Was? W.. aber d… was ist jetzt passiert?“ - kurz: ich war sprach-, fassungslos und überwältigt. Wie die Autorinnen den Leser an der Nase herumführen ist im positivsten Sinne bemerkenswert. Der zweite Teil ist ein Mix aus Retrospektive und Gegenwartsgeschichte und ein Psychothriller par excellence – wirklich herausragend konstruiert. Der Epilog hält eine ähnlich große Überraschung wie das Ende des ersten Teils bereit – hier wird die Geschichte dann komplett rund. Aber…

… aber viel Neues findet man im Plot nicht, das muss auch festgehalten werden. Nicht alles was glänzt ist Gold. Man erkennt dann doch einige Parallelen zu anderen Büchern dieses Genres. Zum Beispiel zu JP Delaneys „The Girl Before“, oder zu – ja, ich weiß, das wird bei mir in jeder dritten Rezension genannt, und nein, der btb-Verlag zahlt mir nichts dafür (warum eigentlich nicht?) ;) - Anna Georges „Was ich getan habe“, oder zu Chevy Stevenses „Ich beobachte dich“. Dennoch haben die zwei das toll gemacht – chapeau!

Tl;dr: Greer Hendricks und Sarah Pekkanen haben mit „The Wife Between Us“ einen herausragenden Psychothriller konstruiert, bei dem man sich vor allem nach dem ersten von zwei Teilen einmal neu sammeln muss, weil man kurzfristig die Welt nicht mehr versteht. Allerdings findet man einige Elemente, die man aus anderen Büchern dieses Genres schon kennt.