Rezension

Schön erzählt, nicht ganz rund

Washington Black - Esi Edugyan

Washington Black
von Esi Edugyan

Bewertet mit 3 Sternen

An dieses Buch hatte ich allerhöchste Erwartungen. Hoch gelobt, ein wirklich spannendes Thema, für Preise nominiert und dann noch ein Schmuckstück, da kann eigentlich nichts schief gehen.

Die erste Hälfte hat mich auch tatsächlich begeistert, wo höchst mitreißend erzählt wird, wie das Leben des Jungen Washington Black als Sklave auf einer Plantage in Barbados aussieht. Es ist 1830. Man lernt unterschiedlichste Typen kennen, Sklaven und auch Herrschaften, und ist gefesselt. Washs Dasein ist bestimmt von Brutalität und Angst, was man sehr eindrucksvoll vor Augen geführt bekommt.

Dann schafft er es zu entkommen und ab da mutiert der bis dahin sozialkritische historische Roman zur Abenteuergeschichte.
Obwohl das verwundert, hätte ich mich damit noch anfreunden können, würde das Buch nicht nochmal deutlich die Richtung wechseln.

Im letzten Drittel liest man einen im Wesentlichen beliebigen Roman zum Thema Selbstfindung. Washington ist dann frei, ein junger Mann, aber seine Vergangenheit lässt ihn nicht los. Er sucht nach Menschen aus seiner Vergangenheit, gerät aber nur am Rande in einen inneren Dialog. Bei seiner traumatischen Vergangenheit müsste ihm einiges nachhängen, ihn begleitet aber nur die Angst, gefunden zu werden und die Sehnsucht nach Menschen, die er verloren hat. So könnte es jedem gehen, der seine Heimat verlassen musste, dazu braucht es keine Sklavenvergangenheit.

 

Seine Figur ist merkwürdig unrund. Er ist ein ungebildeter Exsklave mit einem ungewöhnlichen Zeichentalent und hat nie richtig Lesen gelernt. Seinen wissenschaftlich interessierten Freunden steht er aber in nichts nach, was Sprache und Verständnis angeht. Er kann problemlos in intellektuellen Kreisen mitdiskutieren, nur leider nicht gut lesen? Er hat ein Faible für Bücher seit seiner Kindheit, aber nur immer die Bilder betrachtet?

Die Sprache ist schön, vieles möchte man vom Fleck weg zitieren. Das Lesen würde Spaß machen, wenn man nicht ständig das Gefühl hätte, irgendwas passt hier nicht so richtig zusammen.
Es ist mir noch nicht oft passiert, dass ein Buch, das anfangs wirklich genial war, im Verlauf so sehr die Richtung ändert, dass ich froh war, als es ein Ende nahm.
Und so verbleibe ich mit bedauernden drei Sternen. Ich hätte es so gerne geliebt.

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 31. August 2019 um 13:11

Ich hätte es so gerne geliebt  ... ja, das kenn ich!

Er hat nie lesen gelernt? Hätte er doch können. Eigentlich. So schwer ist es nun auch wieder nicht.