Rezension

Schwache Fortsetzung

Sterne über der Alster - Micaela Jary

Sterne über der Alster
von Micaela Jary

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Saga über die Hamburger Reederfamilie Dornhain geht weiter: „Sterne über der Alster“ ist die Fortsetzung des Romans „Das Haus am Alsterufer“ und knüpft direkt an den ersten Band an. Der Erste Weltkrieg ist fast vorbei und die Revolution von 1918/19 steht bevor. Kaiser Wilhelm II. erklärt seinen Rücktritt und beendet somit die Monarchie in Deutschland. Arbeiter- und Soldatenräte bilden sich, Philipp Scheidemann ruft die Republik aus und es kommt zu Machtkämpfen zwischen verschiedenen Parteien. Inmitten dieser politisch unruhigen Zeit haben die drei Dornhain-Schwestern mit ihren ganz eigenen Problemen zu kämpfen. Das Hausmädchen Klara wartet indes immer noch auf ihren Verlobten, der im Ersten Weltkrieg in russische Gefangenschaft geraten ist.

Nachdem ich vom ersten Band „Das Haus am Alsterufer“ sehr begeistert war, hatte ich ziemlich hohe Erwartungen an die Fortsetzung. Leider kommt der Roman aber nicht an seinen Vorgänger heran. Natürlich, Micaela Jarys Schreibstil ist wiedermal sehr toll: Sie schreibt vereinnahmend, flüssig und sehr bildlich. Ich war wieder von der ersten Seite an in der Geschichte drin und hab das Buch recht schnell durchgehabt. Es gab aber trotzdem so einige Dinge, die mich gestört haben: Keinen richtigen Draht konnte ich diesmal zu den Protagonisten finden. Die drei Schwestern, allen voran Nele, mit der ich im ersten Band so mitgelitten habe, bleiben erstaunlich blass. So richtig weiterentwickelt haben sie sich irgendwie auch nicht und ihre Schicksalsschläge konnten mich nicht richtig berühren. Das Hausmädchen Klara, die eigentlich eine relativ große Rolle spielt, kommt zudem viel zu kurz. Dafür waren mir die Beziehungs- und Liebesdramen der drei Schwestern viel zu prominent. Vor allem die erste Hälfte des Romans dreht sich ja fast nur darum, wer gerade mit wem zusammen ist beziehungsweise zusammen sein will. Weil es dann auch noch relativ viele Rückblicke zum ersten Band gibt, hatte ich irgendwann das Gefühl, dass die Geschichte gar nicht richtig weitergeht.

Der geschichtliche Hintergrund und auch die Beschreibung Hamburgs sind eigentlich wieder sehr gelungen – man merkt, dass Jary recht gut recherchiert hat. Vor allem die gesellschaftliche Einstellung der Hamburger Oberschicht kommt gut rüber. Dennoch hat sie es diesmal nicht richtig geschafft, die sozialen Gegebenheiten und Probleme zu jener Zeit mit den Schicksalen der Familienmitglieder zu verknüpfen. Da nützt es auch nichts, dass eine der Schwestern live dabei war, als der Kaiser abdankt. Am Ende ging dann alles viel zu schnell und abrupt. Summa summarum: Ein Buch für nette Lesestunden, der erste Teil hat mir aber mit Abstand besser gefallen.