Rezension

Schwer verdaulich und berührend

28 Tage lang - David Safier

28 Tage lang
von David Safier

Bewertet mit 4.5 Sternen

In dem Roman 28 Tage lang begleiten wir Mira über einige Monate im Warschauer Ghetto. Nachdem ihr Vater Selbstmord beging, muss sie sich um ihre Schwester und ihre Mutter kümmern und das ist über lange Zeit ihr einziges Ziel- bis die Situation eskaliert.

 

Mich hat das Buch vor allem durch die enorme Recherchearbeit beeindruckt. In einem abschließend abgedruckten Interview erklärt Safier nochmal, welche Teile des Romans Fiktion sind – die meisten sind es nicht. Der gesamte Ablauf der Geschichte Miras ist wahr – auch wenn sie von anderen Menschen erlebt wurde. Ich finde, man kann den Roman erst beurteilen, wenn man dies weiß.

 

Mira war für mich eine etwas schwierige Protagonistin. Vielleicht lag das aber auch daran, dass sie realistischer aufgebaut war als viele – keine Heldin, kein chronisches Helfersyndrom. Stattdessen jede Menge (ich muss es so sagen) Egoismus, der in erster Linie nur für ihre Schwester aufgebrochen wird. Es war schwer, die Geschichte der Juden in Polen nicht aus der Sicht einer idealisierten Figur zu lesen. Mira ist auch der Hauptgrund dafür, dass der Roman von mir nicht die höchste Bewertung bekommt. Sie ist eine Figur, mit der ich mich nur schwer identifizieren konnte. Teilweise grundlos kalt, aber gleichzeitig impulsiv, uninteressiert und doch beobachtend. Gerade die Liebesgeschichte war für mich deshalb nicht völlig nachvollziehbar, obwohl mich das Ende etwas damit versöhnte.

 

Safier bleibt aber dafür bei einer relativ modernen Sprache und auch die Figuren wirken so, was es wieder leichter macht, sich einzufinden. Der Stil war angenehm und nicht zu stark modernisiert. Ich denke, gerade für Jugendliche bietet 28 Tage lang daher einen guten Rahmen, sich mit der brutalen Geschichte zu beschäftigen – und brutal ist sie auch hier. Je nachdem, was gerade in den Nachrichten lief, musste ich tatsächlich beim Lesen pausieren, so eindringlich wurde Not und Gewalt beschrieben, ohne darauf zu beharren.

 

Fazit: Ein beeindruckender Roman, der einen die Grausamkeit der Menschen verdeutlicht. Leider – oder glücklicherweise? - schwer verdaulich auch durch eine schwierige Protagonistin.