Rezension

Spannend, aber mit einer sehr nervigen Protagonistin

Der Schinder
von Nadine d'Arachart Sarah Wedler

Bewertet mit 3.5 Sternen

 Vor einiger Zeit machte ein Mörder, der seine Opfer lebendig häutete unter dem Namen „Der Schinder“ von sich reden, bis er eines Tages in der Versenkung verschwand. Jetzt wird eine gehäutete Leiche gefunden, ist der Schinder etwa wieder am Werk?

Ein ziemlich heftiges Thema, lebendig gehäutet zu werden, ist eine der schlimmsten und schmerzhaftesten Tötungsarten und zugleich eine mittelalterliche Hinrichtungsart. Und so ist der Roman stellenweise für Zartbesaitete wenig geeignet. Auf diesen Szenen liegt allerdings nicht der Schwerpunkt der Erzählung. Wir lernen Maxim Winterberg kennen, als Experte mittelalterlicher Foltermethoden und letztes bekanntes Opfer des Schinders lebt er nun sehr zurückgezogen und in Angst. Seine Erinnerung hat er verloren, bis auf sein fachliches Wissen, weswegen ihn die Polizei zu den Ermittlungen heranziehen möchte. Maxim ist kein leichter Charakter, wirkt aber sympathisch und gibt dem Leser die Möglichkeit mitzuleiden.

Weniger sympathisch ist die Polizistin Daria Storm, die vor allem durch Alleingänge glänzt, öfter unprofessionell handelt und immer wieder sich und andere in Gefahr bringt. Mich hat das von Anfang an genervt, zu ihr konnte ich keine Verbindung aufbauen und ebenso wenig mit ihr mitfühlen. Da nützte auch ihr eher schwieriges Privatleben als allein erziehende Mutter eines Teenagers nichts.

Der Roman lässt sich gut und zügig lesen, er ist auch durchgehend spannend. Die Autorinnen erzählen sehr bildhaft, die Beschreibungen sind toll, das Kopfkino springt sofort an. Das erste Drittel ist so auch recht interessant zu lesen, sieht man von Darias Eskapaden ab, und lädt zum Miträtseln ein. Das mittlere Drittel hat mich sehr genervt, Vieles wirkt konstruiert, ich zweifelte an der Logik des Geschehens, Darias amouröse Beziehung zu einem anderen Charakter erscheint mir sehr aufgesetzt, sie selbst nervt immer mehr. Aber auch andere Ermittlungsbeamte benehmen sich sehr dilettantisch. Das letzte Drittel macht das dann wieder wett, es gibt Wendungen, die ich geahnt hatte, aber auch solche, auf die ich nie gekommen wäre, und wenigstens ein paar Logiklücken aus dem Mittelteil werden hier wieder gestopft. Mit der Auflösung bin ich sehr zufrieden, mit dem Ende etwas weniger, hier hätte ich mir Konsequenzen für einen der Charaktere gewünscht, die es im wahren Leben sicher gegeben hätte.

Die beiden Autorinnen können gut erzählen, keine Frage, ich konnte aber keine durchgehende Faszination für den Roman entwickeln. Wenn ein Roman nervt, sei es auch nur vorübergehend, ist das kein gutes Zeichen. Das ist schade, denn das Thema ist spannend und die Auflösung gelungen, ich vergebe 3,5 Sterne, die ich aufrunde. Weitere Romane der Autorinnen werde ich sicher lesen, aber wohl keinen mehr, in dem Daria Storm vorkommt.