Rezension

Spannendes Leseerlebnis mit starken Figuren

Die Hafenschwester - Melanie Metzenthin

Die Hafenschwester
von Melanie Metzenthin

Bewertet mit 5 Sternen

Über das Buch:

Der historische Roman spielt Ende des 19. Jahrhunderts in Hamburg und wurde 2019 herausgegeben. Es zählt 464 Seiten. Die Autorin stammt selbst aus Hamburg und ist Fachärztin für Psychiatrie. Dieser Roman ist der Auftakt einer neuen Reihe. 

Inhalt und Stil:

Man begleitet die junge Martha in einem benachteiligten Viertel im Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts. Sie und ihre zwei jüngeren Geschwister leben ein sehr einfaches und hartes aber wohl behütetes Leben. Der Vater arbeitet hart am Hafen, die Mutter betreibt Arbeit von zuhause aus.
Dann bricht die Cholera aus und plötzlich steht Martha mit einem gebrochenen Vater und einem kleinen Bruder da, der viel zu schnell erwachsen werden muss. Nun muss sie alleine Verantwortung übernehmen und einen steinigen Weg antreten: Sie arbeitet von nun an im medizinischen Bereich. Als Mädchen bzw. junge Frau aus der Unterschicht kein leichtes Unterfangen. Neben gesundheitlichen sowie persönlichen Krisen ist Martha außerdem von politischen Machtkämpfen umgeben. Die Arbeiterschicht begehrt auf, ebenso wie einige Frauen. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Mili, der das Leben übel mitspielt und welche dem großen amerikanischen Traum nacheifert, sieht sich Martha mit vielfältigen und schwierigen Hürden konfrontiert, an denen sie entweder wachsen muss oder zugrunde gehen wird.

Die Narration rund um Martha und ihre Familie sowie FreundInnen wird flüssig und authentisch erzählt. In die Fiktion fließen Figuren und Geschehnisse aus der wahren Geschichte mit ein, Fakten werden in die Kapitel mit eingewoben, deren Länge nicht zu ausgiebig und nicht zu kurz ist. Unterhaltung wird so mit Wissensvermittlung gekoppelt, und auch das Nachwort tut hier seinen Teil.

Die Autorin hält sich nicht mit unnötig erscheinenden Ausschweifungen auf die Manches in die Länge ziehen könnten, und schmückt trotzdem an geeigneten Stellen Szenen mit interessanten Beschreibungen und Emotionsdarbietungen.

Meine Meinung:

Ich hatte sehr viel Spaß beim Lesen dieses Romans, und die Geschichte hat mich motiviert, mir mehr über die Frauenbewegung aus dieser Zeit in Deutschland anzueignen. Es geht um so viel mehr als um ein Mädchen in der Medizin! Es geht um Empowerment, Unabhängigeit einer Frau, Durchbrechen von Schichtengrenzen, Toleranz, Nächstenliebe, Selbstbestimmung, Befreiung von Unterdrückung, und so weiter. Es steckt sehr viel in diesem Roman und ich freue mich sehr auf Band 2.
Die Figuren sind allesamt nachvollziehbar bzw. gut gezeichnet. Keine Figur ist allzu glatt oder einfach ohne Grund "böse" - bei allen ist es authentisch, dass sie so handeln wie sie handeln. Egal ob man sie dafür nun liebt oder hasst.

Ich vergebe 5 Sterne und bin begeistert.