Rezension

Spukhaus-Action für Steampunk-Freunde

Die Seele eines Spukhauses -

Die Seele eines Spukhauses
von Helena Gässler

Bewertet mit 3 Sternen

Magnolia Feyler, ihres Zeichens Exorzistin in einer Welt voller Wunder, übernimmt den gewaltigsten Auftrag ihrer bisherigen Laufbahn: Im Anwesen Shaw Manor gilt es den Spuk auszutreiben. Eine Aufgabe, an der schon vor der jungen Frau gestandene Exorzisten gescheitert sind. 

„Die Seele eines Spukhauses“ hat mich vom Titel und der Aufmachung her interessiert. Zwar war mir das Cover zu verspielt, einen Hauch zu lieblich gestaltet, doch als ich die Altersempfehlung ab 16 Jahren gesehen habe, dachte ich mir, dass ich dem Buch eine Chance gebe.

Autorin Helena Gässler empfängt den Leser in einer wundersamen Welt. Es ist das viktorianische Zeitalter im Jahr 1862. Fernab von unserer Realität gleiten Luftschiffe am Himmel und dampfbetriebene Maschinen heizen so manchen Modetrend an. 

Mitten im Steampunk-Zeitalter einer alternativen Realität haben sich selbst hier Exorzisten zum alten Eisen gesellt. Die Gilde der Exorzisten wird befremdlich beäugt, obwohl ihre Kenntnisse und Fertigkeiten bei besessenen Häusern gebraucht werden. 

So kommt es, dass Exzorzistin Magnolia Feyler entsandt wird, um dem Anwesen Shaw Manor die Geister auszutreiben.

In „Die Seele eines Spukhauses“ ist der Titel Programm. Genauso behutsam wie sich ein Psychoanalytiker dem Patienten zuwendet, geht Magnolia die Austreibung an. Sie versorgt äußere Wunden, säubert und ordnet es. Sie räumt auf, hört zu, lauscht aufmerksam, begutachtet Ecken und Winkel, ohne aktiv zu werden. Sie versucht zu verstehen, nicht verheilte Verletzungen zu entdecken und zu sehen, was unter der Oberfläche ist. Diese neuartige Herangehensweise an das Exorzismusthema hat einen außerordentlichen Charme. Bezaubernd beschrieben und ausgezeichnet erklärt, fängt man mit der Austreibung der Geister von Shaw Manor an.

Hierfür greift die Autorin zu einem schmeichelnden Erzählstil, indem sie Magnolia ein Logbuch verfassen lässt. Diese Eintragungen beinhalten sämtliche Ereignisse rund um den Einsatz, wodurch ihre Handlungen erklärt und der Hintergrund um die Gilde beleuchtet wird.

Die erste Hälfte des Romans widmet sich der Welt, Magnolias Vorgehensweise und den Regeln der Gilde. Die Autorin fängt souverän die Stimmung ein, verzaubert den Leser und treibt ein bisschen die Spannung an. 

Danach lassen Handlung und Atmosphäre ordentlich nach, dafür zieht die Action gar übertrieben an. In starkem Kontrast zum behutsamen Beginn hetzt Magnolia der Geschichte des Hauses und seiner ehemaligen Bewohner hinterher, gerät in brenzlige Lagen und stolpert so lautstark über gruselige Situationen, dass unter dem Gedöns die Schauerstimmung flöten geht. 

Mir waren es zu wenig Geister und zu wenig unheimliche Situationen, dafür, dass ich mich in ein Spukhaus gewagt habe. Der Steampunk-Rahmen hat für maschinelle Schauerelemente gesorgt, die auf den ersten Blick grausig, aber, bei genauerer Betrachtung, arg unlogisch waren. Es wird zwar der Nährboden für greifbares Grauen gelegt, der jedoch im Dröhnen der letzten Kapitel klanglos untergeht. 

Mit der Häuserflüsterin - die Bezeichnung Exorzistin mag sie nicht - Magnolia habe ich eine nette Lesezeit erlebt, die trotz höherer Altersempfehlung nicht das Schauerversprechen hält. Für Steampunk-Freunde ist es - ungeachtet meiner Kritik - bestimmt einen genaueren Blick wert.