Rezension

super spannend, Psychothrill vom Feinsten

AMNESIA - Ich muss mich erinnern - Jutta Maria Herrmann

AMNESIA - Ich muss mich erinnern
von Jutta Maria Herrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Helen hat Lungenkrebs, ihre Behandlung ist abgeschlossen, die Ärzte können nichts mehr für sie tun. Sie weiß, dass sie nur noch Monate zu leben hat.  Von ihrem Freund verlassen will Helen ihre Mutter und Schwester besuchen, die sie seit Jahren nicht gesehen hat und die nichts von ihrer Erkrankung ahnen. Seit sie nach Berlin gezogen ist, ist der Kontakt mehr oder weniger abgebrochen, das Verhältnis zur Mutter war nie besonders innig. Auch der Kontakt zur ihrer fast 10 Jahre jüngeren Schwester  Kristin besteht nicht mehr, umso mehr freut sich Helen auf sie. Sie will sich verabschieden, sie ein letztes mal sehen. In der kleinen Stadt im Saarland angekommen zieht sie für die paar Tage in Kristins Gästezimmer, merkt schon nach kurzer Zeit dass das Verhältnis zwischen Kristin und ihrem Mann Leon schwierig ist und Leon Kristin schlägt. In Helen kocht Wut hoch und der Gedanke, ihre Schwester von Leon zu erlösen, ihn umzubringen reift. Als Leon tatsächlich ermordet wird fällt Helen in ein tiefes Loch, denn sie hat eine Gedächtnislücke und weiß nicht, wie sie den Abend verbracht hat, als Leon starb. Hat sie Leon tatsächlich getötet?

Für mich ist "Amnesia" der zweite Thriller aus der Feder von Jutta Maria Herrmann und hat mich wieder einmal begeistert. Psychologisch ausgefeilt und absolut fesselnd habe ich das Buch in zwei Tagen verschlungen. Helen ist gekonnt gezeichnet, ihre Situation scheint ausweglos, ihre Verzweiflung, Traurigkeit, Panik, ist fühlbar, alles dreht sich nur um das eine Thema, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Kein Wunder dass Helen das tägliche Leben nur mit starken Beruhigungsmitteln bewältigen kann.

Die Ich-Perspektive passt hier perfekt, denn damit ist man an Helens Gefühlen und Gedanken hautnah dran. Ihre Enttäuschung, dass sich ihre Mutter in all den Jahren nicht geändert hat und ihr immer noch ablehnend gegenüber tritt, die Liebe zur ihrer kleinen Schwester. Ihre Zweifel, ob sie fähig ist einen Mord zu begehen und ihre Angst vor dem drohenden Tod. All diese Gefühle kommen hautnah rüber. Aber nicht nur Helen, auch die anderen wichtigen Protagonisten sind sehr gut beschrieben, sind vielschichtig: ihre Mutter, die eiskalt wirkt oder ihre sympathische Schwester genauso wie der Jugendfreund, den sie nach langer Zeit wieder sieht.

Die Story ist so aufgebaut, dass man als Leser an Helen zweifelt, irgendwann wusste ich nicht mehr  wem ich trauen bzw. was ich glauben sollte. Hat Helen ihren Schwager tatsächlich getötet? Alles scheint dafür zu sprechen und Helen kann sich nicht erinnern, hat immer mehr Gedächtnislücken. Eine Situation, in der sie langsam verrückt zu werden scheint. Ich konnte mit ihr mitfiebern, war hin und her gerissen. Bis fast zum Ende hatte ich nicht wirklich einen Verdacht, so verworren und wenig zu durchschauen ist diese Geschichte. Und genau das macht sie zu einem Pageturner, den man nicht mehr aus den Händen legen möchte.

Fazit: Super geschrieben und durchweg spannend. Viel Gefühl und viel Thrill, für Fans des Genres unbedingt zu empfehlen.