Rezension

Trauriges Buch

Das Mädchen mit dem Drachen -

Das Mädchen mit dem Drachen
von Laetitia Colombani

Bewertet mit 5 Sternen

Obwohl dieses Buch nur 272 Seiten hat, wiegt es schwer…
Das Mädchen mit dem Drachen
Laetitia Colombani
Aus dem Französischen von Claudia Marquardt
Nach Lénas schrecklichem Erlebnis in Frankreich zieht es sie in die Ferne. Weit weg, weg von dem Ort wo es mit Francois passierte. 
Sie braucht Abstand und Ruhe- nun hofft sie diese in Mahabalipuram, Tamil Nadu, Indien, zu finden.
Sie ist wie gelähmt, der Schock und der Jetlag verbünden sich und am liebsten würde sie das Hotelzimmer nie mehr verlassen. Lediglich zu kleinen Spaziergängen am Strand kann sie sich aufraffen, wo sie eines Tages die 10-Jährige Lalita, das Mädchen mit dem Drachen kennenlernt.
Lalita redet nicht und besucht auch keine Schule. Léna, ehemalige Lehrerin, versucht ihr täglich, während der einzigen Stunde in der Lalita nicht arbeiten muss, schreiben beizubringen.
'Die Zukunft einer Zehnjährigen interessiert sie (der Regierung) nicht. Niemanden bewegt hier das Schicksal der Mädchen. Sie werden von allen im Stich gelassen, lernen weder Schreiben noch Lesen, man hält sie klein in diesem Land, das sie nicht liebt.’ (Tolino S.46)
Als Léna an einem Tag schwimmen geht und fast ertrinkt, wird sie von Lalita und Preeti, der Anführerin der Roten Brigade, gerettet. Doch beide Frauen gehören der Kaste der Dalits, der ‚Unberührbaren‘ an.
‚Die Unberührbaren gelten immer noch als Parias, als unreine Menschen, sie sind aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Und Mädchen betrachtet man als minderwertig gegenüber Jungen. Als Frau und Dalit geboren zu werden ist also eine einzige Strafe.(…)  Mädchen, die man nicht berühren darf, jedoch ohne viel Federlesens vergewaltigt. Die Jüngste in ihren Reihen war nicht einmal acht, als ein Nachbar sie missbrauchte, kaum dass ihre Eltern aus dem Haus waren. Vergewaltigung ist hier eine Art Nationalsport, schnaubte die Brigadechefin. Und die Täter werden nie bestraft. Nur selten führt eine Anzeige zu einer Strafverfolgung, schon gar nicht, wenn das Opfer niederer Herkunft ist.‘ (Tolino S. 45)
Léna freundet sich mit Preeti an und gemeinsam bauen sie eine Schule auf, die Lalita natürlich auch besuchen soll. 
Doch macht sie den jungen Mädchen nicht falsche Hoffnungen, aus ihren bereits vorbestimmten Leben, zu entkommen?
Ein Roman, der die Missstände in Indien aufgreift: Noch immer werden Mädchen im Kindesalter verheiratet und bekommen mit 12 Jahren ihr erstes Baby. Frauen, die keine Rechte haben und das ungerechte Kastensysem, wo es einfach keinen Ausweg gibt.
Ein trauriges und wichtiges Buch, mit einem klaren Schreibstil und einer wichtigen Message.
Ein Lesetipp von mir. 5 Sterne