Rezension

Viel Lärm um nix

Zurück nach Übertreibling -

Zurück nach Übertreibling
von Robin Felder

Bewertet mit 2 Sternen

Die Vikki  Viktoria, geboren als Junge im Bayerischen Wald, nun wohnhaft in München, ist erfolgreiche Künstlerin und startet gerade durch ihre jugendliche Influencer-Freundin Kathi in den sozialen Netzwerken voll durch, da erhält sie die Nachricht, dass der Besenwieslers Toni aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Seit Jahren schickt dieser der Vikki Drohbriefe, weil er sie dafür verantwortlich macht, dass er im Knast sitzt. Nun ist guter Rat teuer. Mit dem Wolfi, einem Freund und Mitglied der Motorrad-Gang Switch Blades, macht sich die Vikki vorerst aus dem Staub und flüchtet in die Heimat, zurück nach Übertreibling und hat bald noch ganz andere Probleme als die Rache vom Toni.

 

Das Cover und der Klappentext haben mich angesprochen, weil sie eine übertriebene, witzige und spannende Geschichte versprechen. Und der Beginn des Buches liest sich auch gut, der Schreibstil ist eher umgangssprachlich, so in etwa wie ein eingefleischter Bayer eben hochdeutsch reden würde und die Vikki ist eine Frau, die kein Blatt vor den Mund nimmt, sondern ziemlich direkt das sagt, was sie meint. Zudem gehören zu ihrem Umfeld und ihren Bekanntschaften ziemlich vielfältige Persönlichkeiten: eine jugendliche Influencerin, die Kathi, ein wichtiges Mitglied der Switch Blades, der Wolfi und dann noch der türkische Clan-Chef Achmet usw. 

 

Gerade deshalb habe ich nach dem Anfang mit einem abwechslungsreichen und besonderen Plot gerechnet. Doch ich muss sagen spätestens ab der Hälfte wurde dieser einfach nur langweilig, vieles wiederholte sich ständig. Die Switch Bladesler sind hierhin gefahren, der eine Switch Bladesler hat das gemacht, dieses Handy wir da ausgeschaltet, das andere dort ... Durch eine durchaus unerwartete Wendung wird dem Krimi-Element jedwede Spannung genommen. Denn es gibt tatsächlich nur eine verdächtige Person und ich nehme glaub ich nichts voraus, wenn ich sage, die ist es dann auch gewesen. 

 

Während der Fall also vor sich hin dümpelt und dauernd von München nach Übertreibling und zurück gefahren wird (was für eine Spritverschwendung), wird die Vikki selbst nicht müde nonstop zu plappern. Und ja, sie hat nun wirklich zu allem eine Meinung, seien es nun Elektroautos oder Polizeibeamte, Keime oder die heutige Generation von Heranwachsenden. Nicht dass sie da irgendwie sinnvolle Argumente anführen würde, es liest sich eher wie ein 8-köpfiger Dorfstammtisch mit Bildzeitungsniveau, und alles, was die da reden würden, kommt als unzusammenhängender verbaler Brechdurchfall aus Vikki heraus. Wenn es wenigstens irgendwie witzig ironisch oder sarkastisch rüberkommen würde, hätte ich damit kein Problem, aber so kam die Vikki leider bei mir nicht an. 

 

Mir ist schon klar, dass die Vikki keine reale Person ist, auch wenn sie natürlich an die Autorin angelehnt ist, aber selbst für eine erfundene Frau ist sie mir höchst unsympathisch, weil sie an nichts und niemandem ein gutes Haar lässt. Dabei wurde sie in ihrer Jugend selbst fertiggemacht, weil sie kein normaler Junge war. Nun lästert sie fröhlich über alle möglichen Gruppierungen, Menschen und Dinge und das manchmal wirklich in sehr verletzenden Worten. Natürlich möchte sie damit provozieren, humorig sein, aber das kommt bei mir ebenfalls nicht an. Sprich: Nur weil man andere beleidigt und stereotype Witze über sie macht, ist das noch lange nicht lustig. Und dass das so ist, weiß die Autorin auch, denn mehr als einmal sagt die Vikki auch gleich: Da brauchst jetzt gar ned sauer sein, ist einfach so. Aha!

 

Nur wenn Spannung fehlt und der Humor auch nicht ankommt, was bleibt dann noch von dem Roman, außer die über allem thronende Vikki und ihre Selbstdarstellung. Ihre Rolle als Botschafterin für die LGBTQ-Community? Auch da gibt die Vikki uns den entscheidenden Hinweis, denn am Ende ist sie es, die uns mitteilt, dass dieses Thema eben gerade in ist und einfach gut verkauft wird. Da habe ich mich wirklich gefragt, ob die Autorin nur das Aushängeschild dieses Romans ist, was wirklich schade wäre.

 

Für mich war es definitiv der erste und gleichzeitig letzte Zwischenfall mit der Vikki, denn ich musste mich zwingen das Buch überhaupt fertig zu lesen anstatt durch die Seiten zu fliegen. Daher gibt es von mir auch nur 2 Sterne.