Rezension

Vier Mal Grusel, aber jeweils völlig anders angelegt. Genial!

Blutige Nachrichten - Stephen King

Blutige Nachrichten
von Stephen King

Bewertet mit 5 Sternen

★★★★★

★★★★★ 

Die hier versammelten Kurzgeschichten sind für mich schon eher „kleine Romane“. Gerade die Titelstory hat fast 240 Seiten. „Chucks Leben“ ist mit kapp 80 Seiten wirklich kurz, aber ansonsten kann von „kurz“ keine Rede sein. Und King schafft es bei jeder einzelnen, den Leser in unfassbar kurzer Zeit ins Bild zu setzen und sich mit den Figuren anzufreunden. Er beschreibt nie zu ausführlich, aber auch nie zu knapp. Da bleibt für das Kopfkino genug Raum. So fühlt man sich gleich wohl mit einer Story!

 

Seit ich King für mich vor über 30 Jahren als Autor entdeckt habe, staune ich darüber, wie er es schafft, dass man sich immer sofort in die Geschichte integriert fühlt. Seine Art, Zeitgeschehen in seine Romane und Kurzgeschichten einzubauen, ist einzigartig. Nie steht etwas im Vordergrund, um mit mahnend erhobenem Zeigefinger eine Moralpredigt zu halten. Der Horror, das Grauen, der Grusel kommt unbemerkt von hinten und klopft dem Leser grinsend auf die Schulter, sodass dieser befürchten muss, beim nächsten Blick in den Spiegel weiße Haare zu sehen. Je älter King wird, desto „logischer“ und vorstellbarer sind seine Monster. Trotz so vieler Bücher in all den Jahren wiederholt er sich nie, entwickelt sich immer weiter und erfreut mein Leserherz immer wieder mit wunderbarer Lesezeit. „Blutige Nachrichten“ (Titelstory) gehört zur „Mr Mercedes“-Trilogie und „Der Outsider“. Ich mag solche Verbindungen unheimlich gern! King kann, wie kein anderer, Figuren seiner Bücher Eigenleben entwickeln lassen und sie auch in anderen Werken auftauchen lassen. Für Fans, die alle Bücher kennen (dazu gehöre ich), sind das ganz besondere Momente. Ich liebe es!

 

„Mr. Harrigans Telefon“ fand ich schockierend und herzergreifend auf einmal. Diese Geschichte vereint so viele Themen, die mich bewegen, und krönt das Ganze mit der Auseinandersetzung mit moderner Technologie und „Glücksrittern“. „Ratte“ gehört in die Kategorie „Stories über das Schreiben“, wartet mit einem genialen Horrorelement auf und lässt den Leser dann doch mit der Frage zurück, was Krankheit und was Grauen war, wäre da nicht diese eine Sache …!

 

Ja, King ist und bleibt der Meister des Horrors. Nur kommt er mit jedem Jahr subtiler von hinten durch die Mitte. Dennoch mag man das Licht nicht löschen und dreht sich immer wieder um, um zu überprüfen, ob hinter einem nicht etwas lauert. Er trifft mitten ins Schwarze, genauer denn je!

 

Nein, mir haben nicht alle Bücher von King Lobgesänge entlockt. Doch in den letzten Jahren merkt man, dass er seine Dämonen bekämpft und besiegt hat. Seither sind für mich seine Monster wirklicher geworden, seine letzten Kapitel in sich stimmiger und zu den Büchern passender und der Horror damit nicht bloße Fantasie. Mir gefällt King heute fast immer (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel – der „Shining“-Nachfolger „Doctor Sleep“ war so gar nicht meins). Dieses Buch gehört auf alle Fälle dazu, auch wenn nicht alle vier Geschichten gleich stark sind, so sind sie dennoch alle genial. Fünf Sterne!

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