Rezension

Was bleibt?

Was dir bleibt -

Was dir bleibt
von Jocelyne Saucier

Das Leben auf Rädern spielte einst eine wichtige Rolle in Gladys´ Leben, und so ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass sie gegen Ende ihres Daseins noch einmal eine Eisenbahnreise macht  -  allerdings, ohne sich von ihren Freunden und Bekannten zu verabschieden. Ein Rätsel für die Zurückgebliebenen: Will Gladys ihre einzigartige Kindheit noch einmal nachvollziehen? Oder ist sie auf der Suche nach etwas völlig anderem?

Bedächtig, ohne Eile gestaltet die kanadische Schriftstellerin Jocelyn Saucier ihren Roman um die 76 Jahre alte Gladys Comeau, die völlig unerwartet ihr bisheriges Leben ebenso wie ihre lebensuntüchtige Tochter hinter sich lässt. 

Die Autorin wählt eine (zunächst) unbeteiligte Person, einen Lehrer, der die Vorgänge nüchtern recherchiert und seine Erkenntnisse in ruhigem, um Sachlichkeit bemühten Ton  dem Leser vorträgt. Geschickt vermeidet sie so jegliche Sentimentalität, die sich ansonsten in ihre Erzählung einschleichen könnte. Einzig aus seinem Blickwinkel lesen wir den Bericht, der im Verlauf seiner Ermittlungen etwas an Distanz verliert. Sauciers schöner, bildreicher Schreibstil macht das Lesen zu einem Vergnügen und lässt die eigentliche Thematik des Romans, die Frage nach dem "Was dir bleibt", beinahe vergessen. Eine schlüssige Antwort hierauf gibt Saucier nicht, die muss jeder Leser für sich selbst finden; denn vermutlich lautet sie für jeden Menschen etwas anders.