Rezension

Wenn das Opfer den Spieß umdreht ...

Ein Mann zum Vergraben -

Ein Mann zum Vergraben
von Alexia Casale

Bewertet mit 5 Sternen

Als Sally ihren Ehemann im Lockdown mit einer gusseisernen Pfanne erschlägt, handelt es sich um ein Versehen. Nach dieser Art Unfall die Polizei zu rufen wäre der nächste logische Schritt. Den Sally allerdings verschiebt und sich lieber erst einmal ein Stück Kuchen und ein Schaumbad gönnt. Auch Ruth, Samira und Janey finden keinen anderen Ausweg als ihre tyrannischen Ehemänner zu entsorgen und so gründen die vier Frauen als Club der heimlichen Witwen eine Selbsthilfegruppe. Mit viel schwarzem Humor geht die Autorin hier ein sehr ernstes und leider allgegenwärtiges Thema an. 
Am Cover die Zeichnung einer Frau mit Spaten im Garten; ihr Gesicht sieht man nur teilweise, es könnte sich also um jede beliebige Frau handeln. Oder aber um eine der vier Protagonistinnen, die einen letzten Ort für den beseitigten Ehemann sucht. Die Kapitel sind kurz und der lebhafte Schreibstil passt sehr gut zu dieser schwarzhumorigen Komödie. Die verschiedenen Blickwinkel bringen einem der Hintergründe der Familien näher. Der Einfallsreichtum, aber vor allem der Zusammenhalt der vier Frauen ist großartig dargestellt.
Das Buch regt zum Lachen an, aber auch zum Nachdenken. Denn das Lachen kann einem schon im Halse stecken bleiben, wenn man sich die Realität vor Augen hält. Femizide mögen in der Statistik als schreckliche Realitäten erfasst sein – befasst man sich aber mit jeder einzelnen Frau, jedem einzelnen Mädchen, das der Gewalt eines Mannes zum Opfer fiel, dann sieht die Sache ganz anders aus; greifbarer, näher. 
Egal aus welchem Kulturkreis die Betroffenen stammen, häusliche und familiäre Gewalt, Misshandlungen, Ehrenmorde, Zwangsheiraten, sind auch in unserer Gesellschaft leider fast schon in den Alltag integriert. Es sind daher auch vor allem moralische Fragen, die immer wieder durch den Text herauskommen. Im Nachwort gibt es noch einige interessante Informationen zum Thema häusliche Gewalt und Femizide.
Casales Idee, diesen ernsten Hintergrund in eine humorige, schwarze Komödie einzubauen, ist ein ungewöhnlicher Weg, gerade auch wenn sie die Geschichte im Lockdown ansiedelt, in dem die Gewalttaten ja sogar zunahmen. Aber ihr Buch ist auch eine Art, die Aufmerksamkeit einer breiteren Bevölkerungsschicht auf das ernste Thema zu lenken. Und nähere Beschäftigung täte uns allen gut. So wie sich die vier Protagonistinnen finden und ihre Probleme erkennen, sollten auch Unbeteiligte öfter die Augen offen halten und genauer hinschauen, wenn sie in der Umgebung Ungewöhnliches abspielt. Und damit meine ich nicht, das Entdecken getöteter ungeliebter Partner, sondern die Meldung an eine zuständige Stelle, bevor es zum Schlimmsten kommt. Denn dieses Buch macht nicht zuletzt auch Hoffnung.