Rezension

Wer macht den besten Gammelhai?

Kalmann - Joachim B. Schmidt

Kalmann
von Joachim B. Schmidt

Kurzbeschrieb/-bewertung: Raufarhöfn mag zwar weit weg von allem sein, aber es ist doch mitsamt seiner Einwohnerschaft ziemlich von dieser Welt. Dies die Kürzestfassung von Kalmann, einem humorvoll-abgründigen Roman, in dessen Mittelpunkt ein Grönlandhaifischer steht, der es vom Dorforiginal zum Fernsehstar und schliesslich zum Retter einer Staatsbeamtin bringt. Für wen: Dass man Gammelhai mag, ist keine Vorbedingung, diese Geschichte ein reines Vergnügen zu finden. Raufarhöfn mag zwar weit weg von allem sein, aber es ist doch mitsamt seiner Einwohnerschaft ziemlich von dieser Welt. Dies die Kürzestfassung von Kalmann, einem humorvoll-abgründigen Roman, in dessen Mittelpunkt ein Grönlandhaifischer steht, der es vom Dorforiginal zum kurzfristigen Fernsehstar und schliesslich zum Retter einer Staatsbeamtin bringt. Dass man Gammelhai mag, ist keine Vorbedingung, diese Geschichte ein reines Vergnügen zu finden.

Ein humorvoller Blick auf das menschliche Zusammenleben an einem abgelegenen Ort, gepaart mit philosophischen Gedanken eines Protagonisten, der in seinem isländischen Dorf wegen seiner intellektuellen Schlichtheit und seines Gammelhais bekannt ist: Dies ist Kalmann, der bei Diogenes erschienene Roman von Joachim B. Schmidt.

Schmidt erzählt aus der Sicht von Kalmann Òdinsson. Kalmann lebt allein im Haus seines Grossvaters im Fischerdorf Raufarhöfn, das ganz im Norden Islands liegt. Der Ort hat schon bessere Zeiten gesehen. Wer kann, lebt lieber anderswo. Ausser Kalmann. Für ihn ist Raufarhöfn genau richtig: Hier spielt er Dorfsheriff, in der Umgebung geht er auf die Jagd, im Hafen liegt sein Boot, mit dem er hinausfährt, um Grönlandhai zu fangen. Hier steht auch die Bude, in welcher er den besten Gammelhai Islands fabriziert. Das einzige was Kalmann zu seinem Glück noch fehlt, ist eine Frau. Doch Frauen sind rar in Raufarhöfn. Immerhin hat Kalmann einen richtigen Freund. Der ist zwar ein Sonderling wie Kalmann selbst, kommt aber in Computerdingen draus wie kein anderer.

Doch dann passiert etwas: Kalmann ist auf der Fuchsjagd und findet eine grosse Blutlache im Schnee. Der Dorfkönig Robert McKenzie ist und bleibt verschwunden. Ist etwa ein Eisbär von Grönland nach Island geschwommen und hat Robert aufgefressen?

Der Autor spielt in Kalmann mit Krimielementen, die zwar die Handlung vorantreiben, aber ohne dieHauptrolle zu übernehmen. Die gehört auf jeden Fall der Figur Kalmann. Man ist sich bei ihm nie sicher, ist er so naiv wie er daherkommt, nämlich mit Sheriffstern und – ungeladenem – Revolver, oder doch schlauer, als es die Polizei erlaubt. Kalmanns schulische Leistungen mögen bescheiden gewesen sein, doch er hat seinem Grossvater gut zugehört und weiss deshalb, wie man durchs Leben kommt. Gut, das mit der Impulskontrolle funktioniert nicht immer, vor allem dann nicht, wenn man mit Kalmann zu laut spricht. Aber ansonsten hat Kalmann das Leben im Griff.

Wunderbar, welch herrlich normal-schräge Figuren Schmidt in seinem Roman auftauchen lässt: Da wäre zum Beispiel Bragi, der Dichter, der mehr zu wissen scheint über das Verschwinden von Robert McKenzie. Oder die Plaudertasche Magga, mit der eine Autofahrt nach Húsavík ganz schön anstrengend wird. Oder die Polizistin Brina, in deren Nähe es Kalmann nicht recht wohl ist, obwohl sie ihn fasziniert. Oder die Litauer, eine Gruppe von Gastarbeitern, bei denen sich jeder fragt, was genau sie in den isländischen Norden verschlagen hat. Beschrieben wird dieser Mikrokosmos in einer Sprache, die zur Gedankenwelt von Kalmann passt: Geradeheraus, schlicht, gewitzt.

Titel: Kalmann, gebunden, 350 Seiten

Autor: Joachim B. Schmidt 

Verlag: Diogenes, 2020

ISBN 978-3-257-07138-2, Fr. 32.00/Euro 22.00