Rezension

Wieder eine gelungene Reise ins Wien des 1. Weltkriegs mit spannendem Krimi

Der Henker von Wien - Gerhard Loibelsberger

Der Henker von Wien
von Gerhard Loibelsberger

Bewertet mit 5 Sternen

Wien, Oktober 1916: Der Oberinspector Nechyba, seines Zeichens erfolgreicher Mordermittler und Vielfraß pardon Feinschmecker, ist von der Lebensmittelkrise, in der sich Österreich aufgrund des fortschreitenden Krieges befindet, extrem genervt. Und nicht nur er, in der Bevölkerung brodelt es. Auf den Ministerpräsidenten Graf Stürgkh wird ein Attentat verübt. Bald werden Kleinkriminelle und Beamte erhängt aufgefunden. Sie standen in Verbindung mit dem Schwarzmarkt, der für die gut zahlende Oberschicht und hohen Militärs die sonst so knappen Lebensmittel beschafft. Nun muss sich Nechyba entscheiden: soll er seinem Magen gehorchen, der ebenfalls vom Schwarzmarkt und somit auch vom Mörder profitiert oder soll er den Morden ein Ende setzen, damit aber auch die eigene Lebensmittellage verschlimmern? 

Dieser Fall geht wortwörtlich durch den Magen, und führt den Leser gekonnt in die Vergangenheit. Die aufgeladene Atmosphäre Wiens, die hungernde Bevölkerung, die Schieberbanden und ihre Heimlichkeiten, die traumatisierten Kriegsheimkehrer, all dies wird wieder einmal sehr gelungen dargestellt. 

Ich kenne bereits die vorigen Bände und somit waren mir die Figuren nicht fremd. An Nechyba und sein Gefresse hat man sich eigentlich schon gewöhnt, aber in diesem Fall wird es auf die Spitze getrieben: Was passiert mit einem Mann, der quasi fürs Essen lebt, wenn dieses plötzlich knapp wird? Das war wirklich spannend zu lesen. 

Auch der Kriminalfall und seine Auflösung war sehr interessant, wenn auch eher gemächlich und zum Miträtseln geeignet als actionreich. Erst am Ende wird es richtig dramatisch und superspannend. Mich hat das nicht gestört, weil die Intention des Buches eine andere ist als bei einem gewöhnlichen Krimi / Thriller. Das Augenmerk liegt ganz klar auf der geschichtlichen Epoche und dem Leben der "kleinen Leute", und das war wirklich super dargestellt nebst interessantem Kriminalstück. 

Mein Fazit: Wer die anderen Bände nicht kennt, fängt besser beim ersten Band "Die Naschmarkt-Morde" an, weil er, wenn er mit diesem Band anfängt, eh danach die anderen Bände lesen wird, und man sie besser in der richtigen Reihenfolge lesen sollte, weil sich die Geschehenisse im Verlauf des Krieges aneinanderreihen und sich die Figuren dementsprechend weiterentwickeln. Ansonsten eine uneingeschränkte Leseempfehlung von mir. :-)