Rezension

Hunger, Not und Völlerei

Der Henker von Wien - Gerhard Loibelsberger

Der Henker von Wien
von Gerhard Loibelsberger

Bewertet mit 4 Sternen

Wien im Jahr 1916 - Schwarzmarkt, Not und Elend

Ende Oktober 1916, Oberinspector Nechyba versucht, halbwegs satt, in seinem Dienstzimmer ein kleines Nachmittagsschläfchen zu halten. So wundert es nicht, dass er anfängt von vollen Tellern und Schüsseln zu träumen. Vom Telefon jäh aus dem Schlaf gerissen wird ihm Mitteilung vom Attentat auf Ministerpräsident Graf Stürgkh gemacht.

Szenenwechsel. Es kommt zum ersten Mord an Schleichhändler Jansa, der zugleich eine Drohung für das gesamte Milieu darstellt. Während das Volk auf der einen Seite hungert und friert, sitzen die Großkopferten und reich gewordene Schleichhändler im Kaffee- oder Gasthaus und lassen es sich gut gehen. Sehr anschaulich geschildert fühlt man sich gleich in die Zeit des 1. Weltkrieges zurückversetzt. So hat man auch ein gewisses Verständnis für die 14 Jahre alte Marie, die sich ohne Widerstand verführen und benutzen läßt. Dummerweise handelt es sich bei ihrem Freier aber um einen der berüchtigten Schleichhändler und Marie gerät, als seine Komplizin, immer tiefer in seine üblen Machenschaften.

Es kommt zu weiteren mysteriösen Morden, nach immer dem gleichen Schema. Jetzt zeigt sich wie wichtig es ist, weit versponnene Fäden zu haben um an Spuren die zum Täter führen zu kommen. Korruption wohin man blickt. Im Grunde genommen ist keiner davon ausgenommen, auch diejenigen nicht von denen man es eigentlich erwartet hätte.

Sehr glaubhaft wird das Leben und der Kampf ums Überleben, im vom Krieg gebeutelten Wien, geschildert. Die Personen wirken authentisch und die Geschichte ist gut recherchiert. Man liest sich schnell ein und erlebt sehr anschaulich beschrieben wie es zwischen Oktober 1916 und Januar 1917 in Wien zugegangen ist.