Rezension

Wo bleiben Ehrlichkeit und Offenheit?

Long Island -

Long Island
von Colm Toibin

Bewertet mit 3 Sternen

„Ein Mann und eine Frau treffen sich nach fast zwanzig Jahren wieder … Tóibín erzählt von dem Versteckspiel, das sich zwischen den ehemaligen Liebenden entspinnt.“ Dieser Satz ist Teil der Buchbeschreibung und wird zum Hauptthema.

Eilis verlässt ihren Mann, weil der sein außereheliches Kind in seiner Familie aufziehen will. Sie kehrt zurück in ihre Heimat Irland und trifft dort auf Jim, laut Buchbeschreibung „ihre Jugendliebe“.

Den Schreibstil des Autors Colm Tóibín finde ich sehr angenehm, die Geschichte allerdings ziemlich verwirrend, weil ich vieles einfach nicht richtig zuordnen kann. Leider habe ich erst nach etwa einem Drittel des Buches erfahren, dass es mit „Brooklyn“ eine Vorgeschichte gibt. Ich empfehle, dieses vor „Long Island“ zu lesen. Ich hatte ohne Vorkenntnisse einfach zu viele Fragen und Ungereimtheiten im Kopf. So konnte ich die Geschichte, die sich in erster Linie um die Beziehung zwischen Jim und Eilis dreht, an manchen Stellen vielleicht nicht richtig verstehen.

Vielleicht oder sogar wahrscheinlich ist es vom Autor so gewünscht, aber für meinen Geschmack gab es insgesamt zu viele Heimlichkeiten, jede*r hatte so seine eigenen Geheimnisse, und auf Ehrlichkeit und Offenheit habe ich vergeblich gewartet.

Auch Eilis‘ Mutter kam mir zunächst sehr unnahbar und wenig empathisch vor. Und dann spielt auch noch Eilis‘ frühere Freundin Nancy eine entscheidende Rolle.

An einer Stelle machte es mich ganz kribbelig, dass sich die ganze Situation um Jim, Eilis und Nancy zu dem reinsten Versteckspiel entwickelt.

Das Ende der Geschichte hat mich zunächst in keiner Weise zufriedengestellt, sondern war eine einzige Enttäuschung und ich war froh, dass das Buch endlich gelesen war. Allerdings habe ich am Tag darauf festgestellt, dass mich die Geschichte doch mehr beschäftigt als erwartet. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Autor mit der Situation, wie sie am Ende ist, vielleicht ein Beispiel geben und zeigen will, wohin Heimlichkeiten und Unehrlichkeit führen können.

Trotzdem bleibt Bitterkeit zurück.