Rezension

Zwischen Familiengeschichte und Liebesgeschichte

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle -

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle
von Anne Freytag

Bewertet mit 4 Sternen

Es ist schon Jahre her, dass ich mein erstes und bis zuletzt einziges Buch von Anne Freytag gelesen habe. „Nicht weg und nicht da“ hat mich damals ziemlich berührt – das weiß ich noch. Und auch kann ich mich daran erinnern, dass Freytags größte Stärke für mich war, dass sie es geschafft hat, so ein bestimmtes und authentisches Jugendgefühl zu erzeugen. Jetzt habe ich „Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle“ gelesen und hatte nach wenigen Sätzen direkt wieder jenes Gefühl verspürt.

Relativ früh wird einem beim Lesen klar, dass die Geschichte nicht nur den Fokus auf zwei junge Frauen legt, die sich kennenlernen und ineinander verlieben, sondern auch sehr stark auf Sallys Familie und das, was hier verkehrt läuft. Die Mutter – eine eigenständige Frau, die ihren Weg geht – wirkt auf den ersten Blick vielleicht recht cool, zeigt sich aber schnell als Person, die nicht viel von den Entscheidungen und Gedanken ihrer Kinder hält. Ständig hagelt es Kommentare, sie hält ihre Kinder für zu jung, zu unerfahren, um irgendetwas besser zu wissen. Franny diskutiert dagegen an, Charlie nimmt es hin bis zum großen Knall, Henry verbringt Zeit mit seinem Vater und Sally, die schweigt. Doch dafür sind Sallys Gedanken umso lauter. Mit starker Innensicht der Figur Sally und später auch Leni werden hier Gedanken und die damit verbundenen Gefühle sehr ausführlich und klar zum Ausdruck gebracht. Man war sozusagen bei jedem Gedankengang mit dabei, konnte die Figuren so wunderbar kennenlernen und ihre Entwicklung begleiten.

Die Spannung des Buches ist gleichermaßen die Spannung innerhalb der Familie. Verstärkt wird das Ganze durch die Corona-Situation, die durch den Lockdown ganz zentral in der Geschichte mitwirkt, und die Weihnachtstage, an denen Harmonie und Streit oft so nah beieinander liegen. Dabei mochte ich, wie kleinschrittig die Handlung voranging, wie viel Zeit sich genommen wurde, um die einzelnen Facetten des Familienlebens und der aufkeimenden Liebe zwischen Sally und Leni offenzulegen. Nur am Anfang hatte ich das Gefühl, dass sich manche Einführungen hinsichtlich der Figuren etwas doppelten. Ansonsten haben sich die Figuren wie passende Puzzleteile in die Handlung eingefügt und so ein Gesamtbild ergeben, was mich berührt und beschäftigt hat. 

Auch gefiel mir das Ende mit den kleinen Voraussagen, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Für mich war das jedenfalls ein gelungener Abschluss der Handlung, da es das Bild der Familie vervollständigt hat.