Rezension

Auf den Spuren von Bonnie und Clyde

Die Dämmerung -

Die Dämmerung
von Marc Raabe

Im Wald wird eine Frauenleiche gefunden, die auf den ersten Blick nach halb Mensch, halb Tier aussieht, da sie ein Geweih trägt. Bei der Toten handelt es sich um Charlotte Tempel, eine gefeierte Wohltäterin, die für ihre großzügigen Spenden bekannt war. Nominiert war Charlotte für einen wichtigen Medienpreis, den Hirsch. Schnell gerät Leo Tempel, die 22-jährige Tochter der Toten in den Verdacht etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Doch Art Mayer hat da seine Zweifel.

Als kurz darauf eine zweite Frau auf ähnliche Weise inszeniert aufgefunden wird, die ebenfalls zu den Nominierten zählte, stellt sich die Frage, ob Berlin seine jüngsten Serientäterin jagt oder doch etwas anderes dahintersteckt.

Nach „Der Morgen“ nun also der zweite Fall für Art Mayer und Nele Tschaikowski. Zwei unbequeme Protagonisten, die man einfach mögen muss. Art zeichnet sich durch seine raue Schale aus, die aber durchaus einen weichen Kern besitzt. Zudem sind viele der Polizeiregeln für Art nur dazu gemacht, um sie zu brechen. Aber der Zweck heiligt bekanntlich ja die Mittel und so kommt Art auf seine spezielle Weise bei den Ermittlungen wenigstens stückweise voran, während er sonst gegen Mauern laufen würde. Nele hingegen hat in diesem Fall noch mit ihrer Schwangerschaft zu kämpfen, aber auch mit den Dämonen, die noch aus dem ersten Fall hervorgehen.  Der Fall ist zwar in sich geschlossen, doch gerade was die privaten Entwicklungen angeht, ist es eher ratsam die Bücher in ihrer chronologischen Reihenfolge zu lesen, da, vieles auf einander aufbaut.

Zu dem eigentlichen Fall gibt es noch einen zweiten Erzählstrang, bei dem sich eine Unbekannte mit einer Botschaft an ihr noch ungeborenes Kind wendet. Sie erzählt darin ihre Geschichte, die ein bisschen an Bonnie und Clyde erinnert. Wer sich hinter der Unbekannten verbirgt und was das alles mit den beiden Morden zu tun hat, zeigt sich erst ganz zum Schluss.

Der Erzählstil von Marc Raabe ist einfach unvergleichlich, da extrem spannend und flüssig mit guten Dialogen. Man wird von Beginn an sofort in die Handlung hineingezogen. Zudem gibt es auch immer wieder Bezüge zum aktuellen Zeitgeschehen wie z.B. sich an die Straße klebende Klimaaktivisten. Dies macht die Handlung umso lebendiger. Das Tempo und die Spannung sind von Beginn an sehr hoch und können bis zur letzten Seite gehalten werden. Gerade zum Ende hin gibt es zahlreiche Twists, sodass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.

Für mich ist die Art-Mayer-Serie das Beste, was Marc Raabe bisher geschrieben hat, und ich kenne alle seine Thriller.  „Die Dämmerung“ ist schon jetzt mein persönliches Highlight für dieses Jahr. Für das Frühjahr 25 ist bereits ein dritter Band „Die Nacht“ angekündigt. Ich hoffe, dass es danach noch viele Folgebände geben wird.