Rezension

Die Geschichte einer liebenswerten Großmutter

Baba Dunjas letzte Liebe
von Alina Bronsky

Bewertet mit 5 Sternen

Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl ist mittlerweile 29 Jahre her und wird in den Medien natürlich immer noch gelegentlich thematisiert. Anders ist es mit den Bewohnern aus der verstrahlten Gegend, von deren Sorgen und Nöten doch so gut wie nichts nach außen dringt. Umso  lobenswerter ist es, dass in diesem Buch einmal eine (fiktive) Betroffene  in den Fokus gerückt wird – Evdokija Anatoljewna, genannt Baba Dunja. Ihr so mütterlich klingender Rufname passt gut zu diesem Urgestein von Bewohnern des kleinen Dorfs Tschernowo, gelegen in der sog. Todeszone. Als erste in ihr Heimatdorf zurückgekehrt, hat sie eine gewisse Berühmtheit erlangt. Fern der Zivilisation führt die mittlerweile 82jährige dort ein bescheidenes, aber zufriedenes Leben im Einklang mit der Natur, zusammen mit an den Fingern abzählbaren weiteren Dorfbewohnern. Dann jedoch deutet sich Ungemach an – ein Fremder bringt seine gesunde Tochter ins Dorf. Für Baba Dunja geht das überhaupt nicht …

Das Faszinierende an diesem kleinen Büchlein ist seine Protagonistin. Angesichts ihrer Zufriedenheit in ihrem dörflichen Paradies wünscht man sich direkt, unserer schnelllebigen Gesellschaft mit ihren immer neuen technischen Errungenschaften den Rücken kehren zu können. Wenngleich Vieles idealisiert wird, bleibt der Ernst des Themas dennoch nicht außen vor. Denn so zufrieden Baba Dunja mit ihrem Leben auch ist, muss sie doch ihren Preis dafür zahlen. Kontakte zu ihren Kindern gibt es nur wenige und ihre Enkelin hat sie noch nie gesehen. Trotzdem hat sie ihren Humor nicht verloren, wie es auch sehr schön in dem humorvollen Schreibstil zum Ausdruck kommt.

Ein schönes Buch, das mich jetzt noch zu weiteren Büchern der Autorin greifen lassen wird („Nenn mich einfach Superheld“, „Scherbenpark“, „Die schärfsten Gerichte der tartarischen Küche“).