Rezension

Durchs wilde Kurdistan

Zweistromland -

Zweistromland
von Beliban Zu Stolberg

Bewertet mit 4 Sternen

Aufgewachsen in Deutschland, lebt Dilan nach dem Tod ihrer Mutter als Erwachsene mit ihrem Mann in Instanbul. Eines Tages bricht die Schwangere ohne Vorankündigung und ohne Ziel auf, um sich schließlich im Osten der Türkei wiederzufinden, wo ihre Familie ihre Wurzeln hat.

Die Rahmenhandlung mit der erwachsenen Protagonistin spielt im Jahr 2016, während mit einem Abstecher ins Jahr 1999 ihre Jugend beleuchtet wird. Dieser Zeitsprung macht klar, warum es für Dilan so wichtig ist, Nachforschungen nach den Aktivitäten ihrer Eltern anzustellen, die der kurdischen Minderheit in der Türkei angehörten. Die vorherrschenden Themen des Romans, Identität und Familie, werden eingebettet in die türkische Geschichte.

Obwohl wir uns in der seltsamen Situation vorfinden, in der die Hauptfigur scheinbar irrational und wenig nachvollziehbar agiert, fiel es mir leicht, Vertrauen in sie und ihre Entscheidungen zu setzen. „Dass die Stille alles andere zwischen uns verdrängt hatte, merkte ich zu spät. Die Stille war schon ausgelegen, die Mulden darin perfekt an unsere Körper angepasst.“ Mit einfühlsamer Sprache zeigt die Autorin, dass es nicht nur schwarz oder weiß, sondern viele Nuancen in den Gefühlen und Handlungen der Familienmitglieder gibt. Die Geschichte einer selbstbewussten Frau in einem schwierigen Umfeld hat mich begeistert und hallt nach.