Rezension

Ein bisschen wie 'ne Schnitzeljagd

Vor hundert Jahren und einem Sommer - Jürgen-Thomas Ernst

Vor hundert Jahren und einem Sommer
von Jürgen-Thomas Ernst

Bewertet mit 1.5 Sternen

Annemie wird als Kinder einer Mutter geboren, die sie nicht wollte. Auch bei den Pflegeeltern bleibt sie nur einige Jahre - danach führt ihr Weg sie fort aus dem Dorf der Kirchen, in dem sie aufgewachsen ist. Als sie nun endlich ihre Jugendliebe wieder trifft, erwacht Hoffnung in ihr. Hoffnung auf ein besseres Leben. Und der Traum von Kirschen im Winter. Doch der Krieg nimmt keine Rücksicht auf Träume.

Fangen wir mit dem positiven an: Der Sprache. Die war wundervoll, gefühlvoll, fast schon Poesie. Der Autor verliert sich in seinen Beschreibungen, was für die Geschichte und die Spannung zwar problematisch ist, für sich selbst gesehen allerdings etwas Wunderschönes. 

Das war für mich aber dann auch schon fast alles positive an der Geschichte, die so eigentlich keine war. Mir kam es eher vor wie das zusammensetzen diverser Puzzleteile, die sich auch zum Schluss allerdings nicht wirklich zu einem großen Ganzen zusammen setzen lassen wollten.
Der Autor hat sich einfach zu viele Geschichten gleichzeitig vorgenommen - das aufwachsen eines Verlassenen Kindes, eine Vergewaltigung und darauf folgende Rachegeschichte, der Krieg, eine Liebesgeschichte, noch eine Schwangerschaft und immer wieder Kirschen. Gespickt mit Armut, Gefühlen und ein bisschen fiktiver Historie. Das hatte zur Folge das auf nichts vollständig, tiefer eingegangen werden konnte.
Mir kam es so vor, als würden wir immer wieder Ausschnitte aus Annemies Leben vorgeworfen bekommen - verbunden durch ellenlange Landschaftsbeschreibungen und versehen mit dem Vermerk "Und jetzt mach was draus"

Das hatte für mich zur Folge, dass ich mich nur durch die Geschichte geschleppt habe. Ich bin in keinem Moment wirklich reingerutscht und habe mich eher gefragt, was das Ganze soll. Mir hätte es besser gefallen, wenn man einige Unterthemen (wahlweise auch ein drittel der Landschaftsbeschreibungen) gestrichen hätte und sich stattdessen näher mit den anderen befasst hätte.

Meins war's nicht.