Rezension

ein ernstes Thema

Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper - Renée Holler

Das mordsmäßig merkwürdige Verschwinden der Lily Cooper
von Renée Holler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die 13jährige Selina zieht zu ihrer Tante und ihrem Onkel sowie ihrer Cousine Lily nach London. Sie soll dort ein geregeltes Leben führen und eine Schule besuchen können, da ihre Mutter im Ausland ständig unterwegs ist. Aber schon am Flughafen beschleicht Selina ein ungutes Gefühl. Zuerst glaubt sie, das Gesicht ihrer Cousine in den Nachrichten zu sehen und dann kommt sie auch keiner vom Flughafen abholen. Netterweise wird sie mitgenommen und am Haus ihres Onkels angekommen, bestätigt sich ihr Verdacht. Ihre Cousine ist verschwunden. Während Selinas Onkel meint, dass Lily ausgebüxt ist, ist die Tante der Meinung, dass ihre Tochter entführt wurde. Auch Eric, der Nachbarsjunge glaubt an eine Entführung und gemeinsam mit Selina macht er sich daran, eigene Ermittlungen zu führen. 
Und schon bald kommen die beiden Jugendlichen mysteriösen Dingen auf die Spur. Welche Rolle spielt das Manuskript, welches aus dem Arbeitszimmer des Onkels gestohlen wurde? Und warum hat Selina ein geheimes Tagebuch, in welchem sie verschlüsselte Botschaften notiert hat?
Wenn man denkt, hier erwarte einem ein lustiges Buch für Kinder und Jugendliche, dem muss ich von vornherein sagen, dass die Botschaft in dem Buch mal so gar nicht lustig ist. Der Titel ist da in meinem Augen etwas irreführend.
Schon allein der Grund, warum Selina nach London zieht, ist sehr traurig. Ihre Mutter hat keine Zeit für sie und schickt sie deshalb zu Tante und Onkel. Dort angekommen, wird sie einfach am Flughafen vergessen und muss auf eigene Faust zu dem Haus ihrer Verwandten kommen. Zum Glück begegnet sie einer netten Bibliothekarin. Aber Selina hätte auch sonst wem in die Arme laufen können.
Dort angekommen, muss Selina erfahren, dass ihre Cousine verschwunden ist. Wahrscheinlich entführt. Während die Tante in großen Kummer verfällt, schmeißt sich der Onkel in seine Arbeit und kümmert sich nur selten um Selina. 
Selina ist also somit auf sich alleine gestellt, wird dann zu allem Übel noch an die Nachbarn abgeschoben und weiß so gar nicht, wo ihr der Kopf steht.
Dann - als sie Eric kennenlernt - bekommt sie ein wenig Halt. Eine Freundschaft baut sich auf. Und ihr gemeinsames Ziel, Lily zu finden, schweißt sie zusammen. Eric und Selina fangen an, auf ihre sehr eigene Art zu recherchieren.
Erst nach ca. einem Drittel des Buches konnte ich mich damit abfinden, dass Selina selbst es gar nicht so schlimm findet, in welcher Situation sie sich befindet. Alleine in einer großen, wenn auch nicht ganz so fremden Stadt, ohne ihre Mutter, dafür mit einer verschwundenen Cousine, einer verzweifelten Tante und einem beschäftigten Onkel. 
Sie meistert es recht gut, sich selbst zurechtzufinden und sich dann auch noch auf die Suche nach ihrer Cousine zu begeben.
Doch ist Selina meist sehr unvorsichtig, was dazu führt, dass sie in Situationen gerät, in denen sie haarscharf an einer Bestrafung vorbeischrammt. 
In Eric findet sie einen guten Freund und als sich beide auf die Spuren von Lily begeben und dabei auf Hinweise stoßen, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr fesselnd und einnehmend. Man fliegt durch die Geschichte, was aber auch dazu führt, dass einem keine Ruhepause gegönnt wird. Eric und Selina haben ständig etwas zu tun, kommen kaum zum Nachdenken. Dies führt dann dazu, dass sich Situationen ergeben, die gefährlich werden könnten. Doch immer wieder schafft es vor allem Selina, sich daraus zu retten und auch noch einen kleinen Nutzen daraus zu ziehen. 
Mir kam es dann letztendlich so vor, als wäre alles irgendwie ein bisschen planlos und erst gegen Ende ergibt sich eine gerade Linie. Es wird strukturierter und sortierter.
Die Protagonisten wirken sehr sympathisch, zumindest was Selina, Eric, dessen Zwillingsschwestern und seine Mutter anbetrifft. Ebenso die Haushälterin von Onkel und Tante ist nett. Alle anderen sind mir jedoch sehr unsympathisch. Vor allem eben Onkel und Tante. Eben weil diese sich entweder in Arbeit verkriechen oder in ihrem Bett, um ja nichts mitzubekommen. Ich, als Mutter, hätte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um mein Kind wiederzufinden. Das Verhalten der beiden fand ich sehr bedenklich. 
Es gab so einiges an der Geschichte, dass mir nicht gefallen hat. Ich habe aber am Ende nochmals versucht, alles durch die Augen eines Kindes bzw. eines Jugendlichen zu sehen. Das ernste Thema ist ungewöhnlich, und doch hat die Autorin es geschafft, die Geschichte für Kinder spannend zu verpacken. Als Erwachsener erwartet man natürlich mehr Rätsel, mehr Besonnenheit und mehr Nachdenken. Aber mit 13 Jahren kann man von niemandem erwarten, dass er einen Kriminalfall auflöst und dabei vorgeht wie Sherlock Holmes. 
Letztendlich bin ich also doch sehr zufrieden mit der Geschichte und werde das Buch gerne an meinen Sohn weitergeben, in der Hoffnung, dass er am Ende genauso gut unterhalten wurde, wie ich.
Fazit:
Ernstes Thema mit gutem Ausgang.