Rezension

Ein intensives Leseerlebnis!

Die dunklen Mauern von Willard State - Ellen Marie Wiseman

Die dunklen Mauern von Willard State
von Ellen Marie Wiseman

Bewertet mit 5 Sternen

Titel: Die dunklen Mauern von Willard State

Originaltitel: What she left behind

Autor: Ellen Marie Wiseman

Verlag: Piper

Genre: Roman

Seitenzahl: 464

ISBN: 978-3492307581

Cover und Inhaltsangabe © Piper

 

Inhalt

 

„Zehn Jahre ist es her, dass eine schicksalhafte Nacht für Izzy Stone alles veränderte: Ihre Mutter erschoss ihren Vater während er schlief. Seitdem lebt die nun 17-Jährige bei Pflegefamilien. Als sie für ein Museum Gegenstände ehemaliger Insassen der alten und berüchtigten psychiatrischen Anstalt Willard State Asylum katalogisiert, stößt sie auf einen Stapel ungeöffneter Briefe und das alte Tagebuch einer gewissen Clara Cartwright. Je mehr sie über Claras Leben in Erfahrung bringt, desto mehr klären sich auch die Rätsel ihres eigenen Lebens …“

Schreibstil

 

„Die dunklen Schatten von Willard State“ ist ein Buch, das auf den ersten Blick sehr unscheinbar erscheint. Das Cover wirkt sehr friedlich und hat eigentlich nichts gemein mit der Atmosphäre, die im Buch vorherrscht. Wahrscheinlich hätte diesen Roman im Laden nie in die Hand genommen, was wirklich sehr schade gewesen wäre, denn damit hätte ich wohl das intensivste Leseerlebnis meines Lebens verpasst.

 

Der Roman ist sehr bildhaft verfasst. Schon nach den ersten Seiten konnte ich mir sowohl das heutige, verfallene Psychiatriegebäude vorstellen, als auch die Klinik zu Zeiten, in denen tausende Patienten dort untergebracht waren. Die Autorin hat mich förmlich ins kalte Wasser geworfen, denn ich hätte nie gedacht, dass ich schon nach den ersten Seiten in solch einen Bann gezogen werden würde. Um ehrlich zu sein dachte ich, dass Buch wäre eine nette Lektüre für zwischendurch, ein typischer Roman über das Entdecken einer Geschichte aus der Vergangenheit. Aber es ist mehr, viel mehr!

 

Wir betreten das Willard State zu unterschiedlichen Zeiten. Im Jahre 1995 spielt die Geschichte des Mädchens Izzy, die selbst bereits so einiges erlebt hat und sich plötzlich mit der dunklen Vergangenheit der alten Psychiatrie beschäftigen muss. Als zweites lernen wir 1929 Clara kennen, eine Junge Frau, die später Patientin in der Klinik wird. Erstaunlich fand ich, dass mich beide Erzählstränge gleichermaßen fesseln konnte. Wer kennt es nicht? Bei Büchern, die aus unterschiedlichen Sichten geschrieben sind, ertappe ich mich immer wieder dabei, dass ich eine Sicht langweiliger finde. Das Niveau zu halten ist sehr schwer. Ellen Marie Wiseman ist das auf jeden Fall gelungen!

 

 

Charaktere

 

Wie bereits erwähnt, wird die Geschichte aus zwei Zeitebenen erzählt. Izzy habe ich von Anfang an in mein Herz geschlossen. Sie ist ein nettes, liebes Mädchen, aber sie hat in ihrem Leben bereits zu viel durchgemacht. Ihre Mutter hat scheinbar ihren Vater getötet und sitzt deswegen nun im Gefängnis. Izzy wird von Pflegeeltern zu Pflegeeltern geschickt und es fällt ihr schwer, zu vertrauen. Sie möchte eigentlich nur geliebt werden und endlich ihren Platz in der Gesellschatt finden.

 

Zu Beginn der Geschichte lernen wir sie in ihrer neuen Pflegefamilie kennen. Peg und Harry kümmern sich gut um sie, aber dennoch wirkt Izzy immer noch sehr unsicher. Das ändert sich nicht, als ihr erster Schultag ansteht und sie gleich die Rolle der Außenseiterin einnimmt. Besonders ein Mädchen namens Shannon scheint es auf sie abgesehen zu haben, auch wenn Shannons Freund Ethan auf Izzys Seite zu stehen scheint. Oder ist das nur ein Plan, um sie gemeinsam fertig zu machen?

 

Interessant fand ich hier besonders, das jeder noch so unwichtige Nebencharakter eine eigene Geschichte bekam und deswegen sofort mit Leben gefüllt war. Sei es Izzys neue Freundin Alex oder aber Shannon und ihre eigenen Probleme. Die Autorin besitzt ein Händchen dafür, den Leser unendlich tief in die Geschichte zu ziehen!

 

1927 lernen wir Clara kennen, eine junge, lebenslustige Frau, die unter der Herrschaft ihrer Eltern steht. Clara verliebt sich in einem Mann namens Bruno, ihre große und einzige Liebe, doch ihr Vater hat ganz andere Pläne mit ihr. Bereits nach den ersten Abschnitten aus ihrer Sicht wurde mir klar, wie hart das Leben zu der damaligen Zeit gewesen sein musste. Claras Schmerz, ihre Verzweiflung und ihre Angst war zu jedem Zeitpunkt spürbar, weswegen ich sie schnell in mein Herz schließen konnte!

 

Meine Meinung

 

So intensiv wie diesen Roman habe ich selten ein Buch erlebt! Die Geschichte konnte mich ab der ersten Seite in den Bann ziehen, vor allem da ich alte, verlassene Psychiatrien und dergleichen sehr interessant finde. Die Geschichte rund um Willard State (einer Klinik, die wirklich existiert hat!) wird durch Claras Erzählungen besonders tiefgründig. Wir sehen praktisch alles aus den Augen einer Patienten und ich kann gleich sagen, dass ich mir solch ein Grauen niemals habe vorstellen können. Von der Atmosphäre hat mich die Geschichte ein wenig an „American Horror Story: Asylum“ erinnert, aber natürlich steht der Horror nicht direkt im Vordergrund! Es geht vielmehr um die Ungerechtigkeit, die Verzweiflung und diese Ausweglosigkeit aller Patienten des Willard State.

 

Clara ist eine sehr mutige Frau, die anfangs versucht, sich den Ärzten und Schwestern zu widersetzen, denn schließlich ist sie nicht verrückt! Hier wird klar, wie die Leute damals mit den vermeintlich „Geisteskranken“ umgegangen sind. Es wurde nicht zugehört und sie wurden nicht mehr wie Menschen behandelt. Unzählige Male hatte ich eine ungemeine Wut beim Lesen im Bauch, die sich mit jeder Seite verschlimmert hat. „Die dunklen Mauern von Willard State“ war für mich eine reine Gefühlsachterbahn.

 

Interessant fand ich die Geschichte von Izzy, die einen großen Kontrast zu Claras Leben bietet, aber dennoch parallelen aufweist. Izzy muss mit den Mobbingattacken ihrer Mitschüler umgehen und zeitgleich endlich ihren Platz in der neuen Familie finden. Sie muss lernen zu vertrauen, aber auch zu verstehen und diese Entwicklung kommt in dem Buch nicht zu kurz! Durch ihre Arbeit im alten, verlassenen Willard State Gebäude kommt sie der Geschichte von Clara näher und merkt nicht, wie ihr Wunsch zu helfen, auch ihr eigenes Leben verändert.

 

Das Ende hat auch mich dann überrascht. Ich habe mitgefiebert, für Clara still gefleht, dass alles gut werden wird und war am Ende dann wirklich zu Tränen gerührt. Wie bereits erwähnt, empfand ich dieses Buch als sehr intensiv und ich bin froh, dass ich es lesen durfte. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

 

Fazit

 

„Die dunklen Mauern von Willard State“ hat mich wütend, ängstlich und traurig gemacht. Besonders am Ende hatte ich dauerhaft Tränen in den Augen und war erstaunt, wie nah mir dieses Buch doch ging! Momentan ist dieser Roman somit mein absolutes Lieblingsbuch!