Rezension

Ein irreführender Titel

Amy's Geheimnis - Deborah O'Brien

Amy's Geheimnis
von Deborah O'Brien

Von ihrer aufgeschlossenen Tante in Sydney, die nie mit Kindern gesegnet war, wurde Amy mit allerlei bunten Hüten und Kleidern verwöhnt, aber auch in die von ihrem strenggläubigen Vater verpönte Literatur von Jane Austen eingeführt.
Im Jahre 1872, als Siebzehnjährige, muss das älteste Kind der Duncans ins staubige Millbrooke zurückreisen. Dort soll sie ihrer von einer komplizierten Schwangerschaft gezeichneten Mutter im Haushalt zu helfen und ihre Brüder zu unterrichten.
Nach einem morgendlichen Besuch in der örtlichen Bäckerei schaut die junge Frau in einem asiatisch anmutenden Warenhaus, bei dem sogar die Fassade einen goldenen Glanz verströmt und das sie mit seinem Duft nach diversen Kräutern und Gewürzen magisch anzieht, vorbei. Besitzer der feinen Speisen aus Fernost ist der charmante Charles, der Amy mit seinem Anmut und der Art sich zu kleiden völlig verzaubert. Auch der junge Händler mit chinesischen Wurzeln zeigt Interesse an der gebürtigen Schottin.

Einen Koffer mit den Habseligkeiten aus dem Besitz der Pfarrerstochter findet in der Gegenwart die früh verwitwete Künstlerin Angie, die endlich die Trauer über den Verlust des Ehemanns hinter sich lassen und fern der Heimat neue Energie tanken will – indem sie Amys Geschichte so gut es geht rekonstruiert.

Ich habe mich sehr gefreut, als ich die Inhaltsangabe zu Deborah O'Briens Debüt gelesen habe, denn die Aufdeckung von Geheimnissen in zwei Zeitebenen ist zur Zeit eine meiner Lieblingsformen bei Romanen, sodass ich mittlerweile auch schon einige Vergleichsbücher kenne.

Bei Amys Geheimnis handelt es sich allerdings viel weniger um ein Rätsel, als um die erzählte Lebensgeschichte einer Frau, die sich im frühen 19.Jahrhundert nicht um die Konventionen scheren und trotz des Verbots ihres Vaters ein „Schlitzauge“ ehelichen wollte.
In Australien tobte damals nämlich ein regelrechter Goldrausch, dem auch viele Arbeiter aus China gefolgt sind und in den funkelnden Gruben den Zorn der Einheimischen zu spüren bekamen, weil diese in ihnen große Konkurrenz sahen und sie am liebsten ins nächste Schiff nach Hause verfrachtet hätten.
Amy, Charles und ihre Freunde waren große Befürworter einer Organisation zum Schutz der Arbeiter, doch Vorurteile in den Köpfen der Menschen verschwinden nur sehr schleppend, was für ihre Liebe aber zu lang gedauert hätte.

Die Handlung war für meinen Geschmack weder mysteriös, noch besonders gut geeignet für viele Unterbrechungen durch die Gegenwart, wodurch der Fokus der Liebesgeschichte mit Hindernissen zu sehr beispielsweise von den Malkursen der Witwe Angie abgedriftet ist.
Zudem war der gesamte Roman an einigen Stellen sehr schmalzig und auf der anderen Seite zu unaufgeregt, sodass der Funke nicht überspringen konnte. Diesen etwas leidenschaftslosen Kapiteln fehlte ein wenig das Feuer und die Dramatik des Augenblicks, sodass es als historischer Roman über die männlichen „Zopfträger“ mit dem Wunsch nach goldenen Händen besser funktioniert hätte oder wenigstens ein nicht so irreführender Titel aus meiner Sicht gewählt werden müsste.
Deswegen vergebe ich nur drei von fünf Sternen für sympathische Protagonisten aus dem alten Millbrooke, die durch den zweiten Handlungsstrang leider etwas abgewertet wurden. Nicht jede Geschichte wird also durch wechselnde Perspektiven lebendiger und lesenswerter – schade.

Kommentare

jasimaus123 kommentierte am 23. November 2013 um 16:44

Schade das dich das Buch nicht so begeistert hat wie mich. Ich fand die Geschichte sehr schön und hab am Ende sogar das ein oder andere Tränchen verdrückt.

Lg. (: