Rezension

Ein spannender skandinavischer Krimi

Glutspur -

Glutspur
von Katrine Engberg

Bewertet mit 4.5 Sternen

MEINE MEINUNG

Mit „Glutspur – Die Wurzeln des Schmerzes“ hat die dänische Erfolgsautorin Katrine Engberg den spannenden Auftaktband einer interessanten neuen, in Kopenhagen angesiedelten Krimi-Reihe rund um die junge Ex-Polizistin und Privatdetektivin Liv Jensen vorgelegt. 
Gekonnt lässt die Autorin Themen wie Verlust, Schuld, Trauer, Krisen- und Traumabewältigung in ihren anspruchsvollen und sehr vielschichtigen Krimi einfließen und beleuchtet in den unterschiedlichen Handlungssträngen den Themenkomplex Flucht und ihre Auswirkungen auf die Charakter sehr anschaulich. Zudem greift Engberg in einem in der Vergangenheit angesiedelten, historischen Erzählstrang nicht nur ein dunkles Kapitel in der Geschichte Dänemarks während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg auf, sondern auch einen Teil ihrer eigenen Familiengeschichte. 
Ihre Krimihandlung hat die Autorin äußerst verwoben und komplex angelegt, so dass anfangs viel Aufmerksamkeit erforderlich ist, um die vielen bedeutsamen Details zu erfassen und den roten Faden nicht zu verlieren. Wir tauchen gleich in drei parallel laufende Handlungsstränge mit unterschiedlichen Hauptfiguren ein, die zunächst außer einer örtlichen Überschneidung kaum Berührungspunkte zueinander haben. Ein jeder der Handlungsstränge kreist aber jeweils um einen mysteriösen Mordfall, zu dem allmählich immer mehr Hintergrundinformationen preis gegeben werden. 
Im Haupterzählstrang lernen wir die sympathische Protagonistin Liv Jensen kennen, die vorerst ihren Lebensunterhalt als Privatermittlerin bestreitet, nachdem sie ihren Job bei der jütländischen Polizei hingeworfen hat und frisch nach Kopenhagen gezogen ist. Als ihr ehemaliger Mentor von der Polizei Petter Bohm sie darum bittet, Nachforschungen zu einem ungelösten Mord an einem Journalisten vor 3 Jahren anzustellen, beginnt sie sogleich den mysteriösen Cold Case erneut aufzurollen.
Durch geschickte Wechsel der unterschiedlichen Perspektiven baut sich trotz der eher ruhigen Handlung rasch eine subtile Spannung auf. So erahnt man schon bald, dass es eine Verbindung zwischen den Mordopfern gibt und auch die rätselhaften Rückblicke in die Vergangenheit von 1943 von Bedeutung sind. Mir ist es jedoch leider aufgrund der Komplexität der Fälle sehr lange Zeit nicht gelungen, einen schlüssigen Zusammenhang zu finden und mitraten zu können.
Durch Livs fesselnde Ermittlungen werden im von ihr aufgerollten Cold Case immer neue Details aus dem Leben des Mordopfers enthüllt, die offensichtlich von der Polizei übersehen wurden, so dass schließlich einige Verdächtige mit plausiblen Tatmotiven in den Fokus rücken. Engberg versteht es hervorragend, verschiedene Hinweise zur Lösung des rätselhaften Falls in ihre raffiniert angelegte Handlung einzustreuen und mit unvorhersehbaren Wendungen zu überraschen. Geschickt verdichtet sie die Handlung immer mehr und verknüpft allmählich die vielen verwirrenden Details und Enthüllungen zu den Morden miteinander. Zum Ende hin zieht die Spannung stark an und der Krimi gipfelt in einem packenden Finale. Schließlich fügen sich die unterschiedlichen Handlungsstränge zu einer erschütternden Auflösung zusammen, die zwar insgesamt sehr plausibel und nachvollziehbar ist, aber für meinen Geschmack durch einige Verknüpfungen doch etwas zu konstruiert wirken. 
Die Autorin versteht es hervorragend, lebensnahe und glaubwürdige Charaktere mit vielschichtigen Persönlichkeiten zu erschaffen. Ob nun die Krisenpsychologin Hannah Leon, der aus dem Iran geflohene Automechaniker Nima Absari oder auch die überaus sympathischen Ex-Polizistin Liv – sie alle haben eine psychischen Krise hinter sich und mit persönlichen Problemen zu kämpfen. Mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen hat die Autorin ihre faszinierenden Figuren sehr tiefgründig mit ihren Schwächen und Traumata gezeichnet, so dass man ihre Handlungen gut nachvollziehen kann. Sehr begeistern konnte mich vor allem die komplexe Figur der charakterstarken Liv, die für den Polizeiberuf brennt, aber vor den bislang nur angedeuteten Dämonen aus der Vergangenheit nach Kopenhagen geflüchtet ist. 
Man darf auf jeden Fall schon gespannt auf ihre weitere Entwicklung im nächsten Band sein und wird sicher noch viele neue Aspekte an ihr kennen lernen.
FAZIT
Ein vielschichtiger und spannender Auftakt einer neuen skandinavischen Krimi-Reihe, der mich mit seinem undurchsichtigen und komplexen Fall und seinen faszinierenden Charakteren hervorragend unterhalten konnte!