Rezension

Eine Abenteuergeschichte über Mut, die Erfüllung seiner Träume und Gerechtigkeit

Hilary und der fast ganz ehrbare Club der Piraten - Der magische Schatz - Caroline Carlson

Hilary und der fast ganz ehrbare Club der Piraten - Der magische Schatz
von Caroline Carlson

Mädchen zu erlauben, auf Hoher See herumzuspazieren, wäre ganz und gar würdelos. (S. 9)

Mit dieser Begründung erdreistet sich Der fast ganz ehrbare Club der Piraten, kurz FGECP, Hilarys Bewerbung um eine Mitgliedschaft abzulehnen. Die Tochter des Admirals Westfield träumt schon lange davon, die Meere des Königreiches Augusta unsicher zu machen, wird jedoch stattdessen von ihrem stolzen und mit wichtigeren Dingen als den Bedürfnissen seines Nachwuchses beschäftigten Vater in Miss Pimms Mädcheninternat für feinfühlige Damen geschickt, um die Manieren der High Society zu lernen. Klar, dass Hilary sich das nicht gefallen lässt. Zusammen mit ihrem magischen Wasserspeier flieht sie aus dem Internat und heuert auf dem Piratenschiff von Jasper Flechter an, um den längst verschollenen magischen Schatz der ebenfalls verschwundenen Zauberin des Königreiches zu suchen. Doch eine richtige Piratin hat so einige Abenteuer zu bestehen, bis sie endlich an ihrem Ziel ankommen darf.

»Also, Hilary.« Miss Greyson wandte sich zu ihr um. »Es ist ein weiter Weg zurück ins Internat, und wir werden um diese Uhrzeit keine Kutsche finden ...«

»Miss Greyson, bitte! Ich bin hier glücklich.«

»In einer Piratenhöhle?«

»Eigentlich ist es eher ein Bungalow«, sagte Jasper. (S. 128)

Mit einer gelungenen Mischung aus Spannung, Abenteuern und Humor bietet dieses Kinderbuch auch für Erwachsene jede Menge Unterhaltung. Hilary ist eine mutige, ehrliche und sehr sympathische Hauptfigur mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, die sich ihre Anerkennung als Piratin mühsam erkämpfen muss. Ihr zur Seite stellt die Autorin eine bunte Schar an Nebenfiguren, die zwar einerseits immer gewisse Rollenbilder erfüllen und daher nie wirklich in die Tiefe gehen, doch andererseits spielt die Autorin sehr überzeugend mit Klischees, sodass furchterregende Piraten auch eine sehr weiche Seite gewinnen oder die strenge Gouvernante einen Heidenspaß an den Seeabenteuern entwickelt. Zumeist folgt eine klare Trennung in Gut und Böse, was jedoch nicht bedeutet, dass alle Guten immer auch klug und weise agieren. Manche Darstellungen wirken etwas übertrieben, aber letztlich ist es ein Kinderabenteuerroman, in dem nicht immer alles streng den Gesetzen der Logik folgen muss. Der Spaß steht hier deutlich im Vordergrund, vor allem die Dialoge bieten jede Menge Lacher. Dennoch versteht es die Autorin, auch ernstere Themen in die Geschichte einzuflechten.

Ihr Vater hatte zweifellos die Wahrheit über ihr Verschwinden herausgefunden, und er hatte sein schnellstes Schiff geschickt, um sie zurück ins Internat zu schleppen. Um ehrlich zu sein, wäre es schmeichelhaft gewesen, wäre es nicht so unglaublich ungelegen gekommen. (S. 176f.)

An manchen Stellen hätte sich die Geschichte etwas mehr Zeit lassen können. So kommt man, nicht oft, aber doch gelegentlich, etwas ins Stocken beziehungsweise hätte sich einen raffinierteren Umgang mit manchen Entwicklungen gewünscht, aber Kinder wird das eher weniger stören. Die fantasievollen Details und die tolle Verbindung aus Piratenabenteuer mit Magie entschädigt für die kleineren Mängel. Das Vokabular ist zumindest stellenweise vielleicht etwas zu elaboriert für die jüngeren Leser, dafür sind in die einzelnen Kapitel auch andere Textarten wie Briefe, Formulare oder Zeitungsartikel eingebunden, die einen Blick in die Welt Augustas außerhalb von Hilarys Abenteuer ermöglichen. Das lockert den Roman noch zusätzlich auf und bietet eine interessante Abwechslung von dem einfachen Kapitelschema.

Hast du schon schneidige Seeleute kennengelernt? Bist du schon in Schwertkämpfe geraten? Ich kann mir vorstellen, dass Schwertkämpfe ganz ähnlich sind wie Walzertanzen, nur weniger romantisch und mit grausigerem Ende. (S. 134)

Ein humorvoller und spannender Abenteuerroman über Mut, Freundschaft und Gerechtigkeit, mit witzigen Figuren und sehr schön erzählt. Eigentlich zum Selberlesen für Ältere, eignet sich aber zum Vorlesen auch schon ab acht oder neun Jahren.