Rezension

Eine andere Sicht auf Zombies

Lost Land - Jonathan Maberry

Lost Land - Die erste Nacht
von Jonathan Maberry

Bewertet mit 4.5 Sternen

Als ich mich unter meinen lieben Bloggerkollegen mal so umhörte, welches Zombiebuch empfehlenswert sei, wurde mir Lost Land genannt. Es war mir schon ein paar Mal begegnet, aber das schreckliche Cover hatte mich bisher immer abgeschreckt. Doch als ich dann den Klappentext lag, merkte ich schnell, dass das Buch sich gar nicht so schlecht anhörte.
Aber erstmal will ich euch ein bisschen zum Inhalt verraten, da der Klappentext nicht die ganze Situation widerspiegelt.
Die Katastrophe, von der dort die Rede ist, spielte sich vor 14 Jahren ab. Nur durch die Erzählungen der älteren Menschen erfahren wir, das damals – in der ersten Nacht – geschah. Durch den Zombieangriff starben Milliarden von Menschen weltweit. Einige Menschen haben es geschafft, eine Stadt aufzubauen, in der sie durch einen Zaun von den Untoten geschützt sind. Hier leben der Protagonist Benny und sein großer Bruder Tom. Benny wird zu Anfang des Buchs 15. Nach den Regeln der Stadt muss er sich jetzt einen Job suchen, damit er weiterhin genug zu essen hat. Er probiert vieles aus, ist aber mit keiner Stelle zufrieden, da er zumeist anstrengende oder stumpfe Tätigkeiten sind, wie Zombies verbrennen oder den Zaun überprüfen.
Als letzten Ausweg wendet Benny sich an seinen Bruder Tom, der als so genannter Kopfgeldjäger einer der wenigen Dorfbewohner ist, die in das Gebiet hinter dem Zaun gehen: Das Leichenland. Jedoch ist das Verhältnis der Brüder nicht besonders gut und Bennys Vorstellung von Toms Arbeit erweist sich als ziemlich falsch… Doch als Nix, eine gute Freundin von Benny, von skrupellosen Kopfgeldjägern ins Leichenland verschleppt wird, müssen die Brüder zusammenhalten, um sie zu retten.
So viel erstmal dazu :D Das war kein Spoiler, sondern einfach die allgemeine Situation. Schon an der Länge meiner Erklärung lässt sich erkennen, dass das Buch ziemlich komplex ist. Ja, es ist ein Zombiebuch. Aber eben nicht nur. Es ist eigentlich sehr viel mehr und der Autor beschäftigt sich manchmal schon fast auf philosophische Weise mit den Themen Ethik, Menschlichkeit und Moral.
Der wahre Konflikt zeigt sich erst nach der Hälfte des Buches, weshalb ich im Mittelteil eine klitzekleine Länge hatte. Die Brüder reden halt ziemlich viel miteinander. Auch wenn es dabei keineswegs um belanglose Dinge geht, passiert halt stellenweise nichts und ich habe das Buch zwischenzeitig beiseite gelegt. Das ist aber wirklich nur ein gaaanz, ganz kleiner Kritikpunkt!
Bennys Entwicklung hat mir sehr gut gefallen. Er ist erst 14 und lebt praktisch sein ganzes Leben in der sicheren Stadt. Anfangs kam er mir noch ein bisschen sehr unbedacht, naiv und teilweise sogar dumm vor. Was in dem Alter vermutlich nicht verwunderlich ist. Doch nachdem Tom ihn das erste Mal mit ins Leichenland genommen hat, macht er eine sehr große Entwicklung durch, wird härter und erkennt, dass die eigentlichen Monster in dieser postapokalyptischen Welt gar nicht wirklich die Zombies sind.
Auch Tom war ein sehr interessanter Charakter. Anfangs konnte ich ihn nur durch Bennys Augen sehen und bekam ihn noch nicht zu fassen. Nach und nach merkte ich jedoch, wie tiefgründig und schlau Tom ist und war oft beeindruckt von ihm.
Ich fand die Vorstellung vom Leichenland wirklich spannend. Der Autor konnte die Bilder in meinem Kopf zu einem Film werden lassen und ich hätte diese trostlose Einöde am liebsten selbst gesehen.
Das Besondere an diesem Buch ist unter anderem die Sichtweise auf die Zombies. Sie werden nicht unbedingt als Wesen angesehen, die man mit viel Blutvergießen niedermetzeln muss. Vielmehr stellt der Autor sie als ehemalige Menschen dar, die kein kaltblütiges Abschlachten, sondern eine sanfte Art zu Sterben verdient haben.
Auch die Spannung kam nicht zu kurz. Trotz vieler tiefgründiger Gespräche zwischen den Brüdern oder Monologe von Benny gab es sehr viele Situationen, in denen ich am liebsten schneller umgeblättert hätte, um zu wissen, wie diese brenzlige Situation ausgeht.
Das Ende hat zwar keinen Cliffhanger, aber mich interessiert brennend, wie es weiter geht.

Fazit:

Wer einen gewöhnlichen Zombie-Thriller erwartet, der ist bei diesem Buch falsch. Vielmehr glänzt es durch eine andere Sichtweise auf die Untoten, durch ethische Fragen, die beim Umgang mit ihnen auftauchen und eine Realitätsnähe, die fesselt. Wer sich darauf einlassen kann, dem kann ich das Buch nur wärmstens empfehlen!