Eine feinfühlige Annäherung an die eigenen Wurzeln
Bewertet mit 5 Sternen
Mona Ameziane, Jahrgang 1994, hat einen marokkanischen Vater und eine deutsche Mutter und wuchs in beiden Welten auf. Neben einzigartigen Erinnerungen brachte das auch immer wieder Probleme mit sich, führte zu Ausgrenzung und zu fundamentalen Fragen ihrer Identität - denn wenn man in beiden Ländern nicht zu 100% das Gefühl hat, zu passen, wenn zwei Eltern mit teilweise fundamental verschiedenen Hintergründen die Erziehung organisieren, was macht das mit einem? Was bedeutet es, wenn man aus dem Freundeskreis in Köln das zweifelhafte Kompliment bekommt, zu deutsch zu sein, während man in Marokko besser nicht an Verkaufskonversationen teilnimmt, um sich nicht als "fremd" zu outen?
Mit Mitte 20 macht sie sich daher auf die Spurensuche, reist mit ihrem Vater nach Marokko und nimmt die Leser*innen mit. Es hat keine 50 Seiten gedauert und ich hatte wieder Fernweh nach Marrakesh. Dabei handelt es sich bei dem Buch weder um ein beschönigendes Buch (Mona Ameziane benennt sehr deutlich auch die Missstände) noch um eine Abrechnung, sondern um eine emotionale Annäherung an das Land ihres Vaters. Immer wieder reflektiert die Autorin dabei, wie sie selbst das Land wahrnimmt, wie sie als Frau mit marokkanischen Wurzeln wahrgenommen wird und hinterfragt, wie viel dieser Wahrnehmungen der Realität entspricht.
Dieses keinesfalls leichte Thema wird aber von einer so humorvollen und leichten Sprache begleitet, dass das Buch ein wunderbarer Lesegenuss ist. Mehrmals musste ich laut lachen, beispielsweise, als sie von ihrem Schuljahr in Marokko berichtet, in dem sie nicht nur lernplankonforme Vokabeln lernt.
Ich habe das Buch sehr gern gelesen, mag die reflektierenden Einordnungen und Kommentare, die immer wieder zeigen, dass es die eine Sicht auf Marokko, die eine Position für alle Menschen mit einer bestimmten Herkunftsgeschichte nicht gibt und kann nur allen, die noch nie in Marokko waren, versichern: Wenn ihr dieses Buch gelesen habt, wollt ihr dringend hin.