Rezension

Eine phantastische Brise

Animox. Das Heulen der Wölfe - Aimee Carter

Animox. Das Heulen der Wölfe
von Aimée Carter

Fast schon zu kurzweiliger Fantasy-Spaß mit einem allzu glatten Helden.

Einer meiner präsentesten Tagträume als Kind war es, mich in ein Tier verwandeln zu können – vornehmlich in einen Löwen, weil ich den König der Löwen als Videokassette besaß und ihn mir ständig (!) anschaute. Etwas graziler und würdevoller als ich, im Pyjama und auf allen Vieren mein Revier (den Wohnzimmertisch) verteidigend, animagieren in „Animox – Das Heulen der Wölfe“ Menschen in echte Tiere.

Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt: Schlangen, Wölfe, Adler, Fische, Spinnen – wirklich grenzenlos sind sie jedoch nur für den sogenannten Bestienkönig. Dieser kann wohl die Gestalt eines beliebigen Tieres annehmen, wofür er berüchtigt und vielmehr gefürchtet ist. Seine wahre Gestalt bleibt somit weitestgehend verschleiert; im Kampf hat er zudem die Eigenschaft, jeden Mensch und jedes Tier und alles dazwischen mit einer unfairen Leichtigkeit besiegen zu können. Kriege und Anfeindungen zwischen den Königreichen, Kämpfe um Hierarchien lassen den Hintergrund der Handlung gar nicht einmal platt erscheinen.

Obwohl in einer (natürlich, da vorrangig für Kinder) sehr unverschnörkelten und einfachen Sprache gehalten, die kaum Raum für rhetorische Spielereien birgt, lässt die Geschichte nicht wirklich zu wünschen übrig. Das Cover und die Haptik sind wunderbar; Handlung und Charaktere werden mit der Zeit tiefgründiger und die Spannung deutlich gesteigert. Außerdem wird für die nächsten Bände bereits kräftig Fundament gelegt. Trotzdem finde ich, dass es der gesamten Atmosphäre des Romans gut getan hätte, einige kurzweilige Beschreibungen hinzuzufügen, Dialoge weiter auszubauen oder auch die eine oder andere interessante Szene etwas auszudehnen. Die Handlung zog schon recht rasend an einem vorbei. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ich als Kind ebenso empfunden hätte.

Es werden dem jungen Leser – vorbildlicherweise – Werte wie Freundschaft, Familie, Loyalität und Moral vermittelt; der Protagonist scheint diesbezüglich unfehlbar, viele andere Figuren wirken dagegen sehr viel realistischer. Eben, weil sie gewissermaßen obligatorische Macken haben. Allzu glatte Hauptcharaktere konnte ich allerdings noch nie besonders leiden, zumal mir Simon mit seinen zwölf Jahren auf dem Buckel ein bisschen zu viel Weisheit versprüht. Er mag zwar zunächst ein Einzelgänger sein, aber das allein reicht mir noch lange nicht zu einer besonderen Figur. Vielleicht macht die Pubertät in einem der nächsten Bände diese Eigenschaft ein wenig zunichte (oder bringt den Jungen immerhin ins Wanken).

Alles in allem ein durchaus gelungener, fast schon zu kurzweiliger Auftakt, der wie eine grobe Bleistiftskizze eine phantastische Zukunft verspricht.